Rz. 65

Der Arbeitgeber ist bei der Ausstellung des Zeugnisses grds. in seiner Ausdrucksweise frei. Formulierung und Ausdrucksweise stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers (vgl. BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 248/07, juris; LAG Hamm v. 18.2.2016 – 18 Sa 1577/15, juris). Maßstab ist dabei ein wohlwollender und verständiger Arbeitgeber, vgl. BAG v. 15.11.2001, BB 2002, 636 m.w.N. Auf bestimmte Formulierungen hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch, (vgl. BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 248/07, NZA 2008, 298-). Der Arbeitgeber muss sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den nach der Verkehrssitte üblichen Maßstab anlegen, vgl. LAG Hamm v. 12.7.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 27; LAG Hamm v. 1.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28. Er hat dabei auch die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten, denn auch diese hat sich inzwischen standardisiert (ArbG Hagen v. 5.7.2006 – 2 Ca 2440/05, n.v.).

Haben die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart, dass der Arbeitnehmer ein Vorschlagsrecht haben soll, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf, haben sie zulässigerweise die Formulierungsfreiheit auf den Arbeitnehmer übertragen (vgl. LAG Hamm v. 14.11.2016 – 12 Sa 475/16, juris).

 

Rz. 66

Welche Grundelemente ein qualifiziertes Zeugnis enthalten muss, ist in dem einen oder anderen Punkte noch umstritten. Es müssen nicht in jedem Zeugnis alle Gesichtspunkte ausführlich enthalten sein, sondern sie können auch zusammengefasst werden. Die Art der Beschäftigung und die Beschreibung des Aufgabengebietes gehen meist ineinander über. Gleiches gilt im Regelfall auch für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit und des Sozialverhaltens, nämlich der "Führung" des Arbeitnehmers oder – wie es nach neuem Recht heißt – dem "Verhalten" des Arbeitnehmers. Auch kann sich z.B. eine Gesamtbewertung über Führung und Leistung verhalten: "Mit seinem Arbeitseinsatz, seinem Fleiß, seinen Leistungen und seiner Führung (seinem Verhalten) waren wir stets und in jeder Hinsicht außerordentlich zufrieden" (= ein außergewöhnlicher, hervorragender Mitarbeiter), oder: "Seine Leistungen und seine Führung (sein Verhalten) waren zufriedenstellend" (= in jeder Hinsicht unterer Durchschnitt). Solche und ähnliche zusammenfassenden Leistungs- bzw. Führungsbeurteilungen haben sich als Standardformulierungen entwickelt, die weitgehend bekannt sind und deshalb vom Arbeitnehmer hingenommen werden müssen (Berscheid, WPrax Heft 17/1994, 2, 6). In begrifflicher Anpassung an das neue Recht sollte – ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden wäre – statt des Wortes "Führung" das Wort "Verhalten" verwendet werden.

 

Rz. 67

Nach einem von der Rspr. (LAG Hamm v. 1.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25; LAG Hamm v. 27.2.1997 – 4 Sa 1691/96, NZA-RR 1998, 151; LAG Hamm v. 28.3.2000, BuW 2001, 220; LAG Hamm v. 28.3.2000 – 4 Sa 1588/99, BuW 2001, 264 = MDR 2000, 1198 = NZA 2001, 576; LAG Hamm v. 27.4.2000 – 4 Sa 648/99, BB 2001, 629 m. Anm. Weuster = NZA 2002, 624; s.a. Weuster, AiB 1992, 327, 331; Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, S. 134 f.; Huber, Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis, S. 45; Berscheid, WPrax Heft 21/1994, 3) entwickelten Muster enthält ein qualifiziertes Schluss- bzw. Zwischenzeugnis folgende Grundelemente:

 

Rz. 68

Checkliste: Grundelemente des qualifizierten Zeugnisses

(LAG Hamm v. 1.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25)

 
  Firmenbogen    
Firmenbriefkopf Angaben zum Arbeitgeber    
  Überschrift    
(Schluss-) Zeugnis Zwischenzeugnis    
Ausbildungszeugnis Praktikantenzeugnis    
  Eingangsformel    
Personalien des Arbeitnehmers Akademische Titel    
  Dauer des Arbeitsverhältnisses    
Vordienst- oder Ausbildungszeiten Unterbrechungen der Beschäftigung    
  Aufgabenbeschreibung    
Unternehmen/Branche Hierarchische Position (Kompetenzen/Verantwortung) Berufsbild/Berufsbezeichnung  
Aufgabengebiet Art der Tätigkeit Berufliche Entwicklung  
  Leistungsbeurteilung    
Arbeitsbefähigung (Können) Arbeitsbereitschaft (Wollen) Arbeitsvermögen (Ausdauer)  
Arbeitsweise (Einsatz) Arbeitsergebnis (Erfolg) Arbeitserwartung (Potenzial)  

Herausragende Erfolge oder Ergebnisse

(Patente – Verbesserungsvorschläge)
     

Zusammenfassende Leistungsbeurteilung

(Zufriedenheitsaussage – Erwartungshaltung)
     
 

Führungsleistung

(nur bei Führungskräften)
   

Abteilungsleistung

Gruppenleistung

Mitarbeitermotivation

Betriebsklima
   
  Verhaltensbeurteilung    

Vertrauenswürdigkeit

(Loyalität – Ehrlichkeit)

Verantwortungsbereitschaft

(Pflichtbewusstsein – Gewissenhaftigkeit)
   
 

Sozialverhalten

(Zusammenfassende Führungsbeurteilung)
   
Verhalten zu Vorgesetzten Verhalten zu Gleichgestellten Verhalten zu Untergebenen Verhalten zu Dritten (Kunden)
 

Beendigungsmodalität

(bei Schlusszeugnis)
   
 

Zeugnisvergabegrund

(bei Zwischenzeugnis)
   

Schlussformel

(bei Schlusszeugnis)
     

Dankes-Bedauern-Formel

(Wiedereinstellungszusage)

Zukunftswün...

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