Rz. 49

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die ihm überlassenen Arbeitsmittel (z.B. Werkzeuge, Computer, Arbeitskleidung, Schlüssel, Geschäftsunterlagen, Schriftstücke, Zeichnungen, Kundenkarteien, Arbeitsergebnisse, ausschließlich dienstlich genutzter Pkw) jederzeit auf Verlangen des Arbeitgebers an ihn herauszugeben. Der Anspruch des Arbeitgebers folgt aus §§ 985 Abs. 1, 861 Abs. 1, 667 BGB analog. Auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer weder ein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB noch ein Zurückbehaltungsrecht wegen eigener Ansprüche zu.[60]

 

Rz. 50

Der Herausgabeanspruch kann im Wege einstweiliger (Leistungs-)Verfügung geltend gemacht werden.[61] Für den Verfügungsanspruch, den der Arbeitgeber vor Beendigung des (erstinstanzlichen) Kündigungsschutzverfahrens verfolgt, kommt es – entgegen in der Rspr. vertretener Auffassung[62] – nicht darauf an, ob die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit wirksam ist; denn die Herausgabe kann auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses jederzeit verlangt werden. Soweit der Arbeitgeber allerdings den Herausgabeanspruch gerade auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stützt, wird er glaubhaft machen müssen, dass die von ihm erklärte, von dem Arbeitnehmer angegriffene Kündigung jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam ist.[63]

 

Rz. 51

Obwohl mit der Leistungsverfügung auf Herausgabe der Anspruch nicht nur gesichert, sondern über § 940 ZPO hinaus erfüllt wird, braucht der Arbeitgeber einen besonderen, konkreten Verfügungsgrund nicht glaubhaft zu machen.[64] Der Arbeitnehmer ist in Bezug auf die ihm von dem Arbeitgeber überlassenen Arbeitsmittel nicht Besitzer, sondern lediglich Besitzdiener i.S.v. § 855 BGB. Mit seiner Weigerung, Arbeitsmittel herauszugeben, begeht er verbotene Eigenmacht.[65] Unter den Voraussetzungen des § 858 BGB kann die Herausgabe im Wege einstweiliger Leistungsverfügung verlangt werden, ohne dass die Maßnahme zur Abwendung wesentlicher Nachteile i.S.v. § 940 ZPO erforderlich sein muss.[66]

[60] ErfK/Preis, BGB, § 611a Rn 860; Korinth, S. 300 Rn 253; MünchArb/Bayreuther, § 89 Rn 4; Schaub/Koch, ArbR-Hdb, § 113 Rn 1.
[61] Kleveman/Braun, § 12 Rn 45; Korinth, S. 300 Rn 253.
[62] LAG Hamm v. 30.10.1973, DB 1973, 2306.
[63] MüKo-ZPO/Drescher, § 935 Rn 109.
[64] Korinth, S. 300 Rn 253; Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 553; a.A. LAG Hamm v. 30.10.1973, DB 1973, 2306.
[65] ErfK/Preis, BGB, § 611a Rn 860; Korinth, S. 300 Rn 253; Schaub/Koch, ArbR-Hdb, § 113 Rn 3.
[66] OLG Hamm v. 29.5.1991, NJW-RR 1991, 1526; OLG Köln v. 9.8.1995, VersR 1967, 465; Thomas/Putzo/Seiler, § 940 Rn 12.

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