Rz. 90

Bei einer Mietminderung können mehrere Ansprüche Gegenstand der Klage sein.

1. Geltendmachung des geminderten Betrages für die Vergangenheit

 

Rz. 91

Wird um ausstehende Mietzahlungen oder die Rückzahlung überzahlter Mieten gestritten, bemisst sich der Gegenstandswert nach dem bezifferten Betrag dieser ausstehenden Zahlungen. Dies gilt sowohl für die Rückzahlung der aufgrund der Minderung überzahlten Miete, als auch für die Klage des Vermieters auf Zahlung der vom Mieter einbehaltenen Minderungsbeträge.

2. Feststellungsantrag

 

Rz. 92

Der Antrag auf Feststellung, dass eine Berechtigung zur Mietminderung aufgrund eines Mangels besteht, stellt gebührenrechtlich eine eigene Angelegenheit dar. Die Höhe des Streitwertes war lange umstritten. Der BGH hat für Aufträge, die bis zum 31.12.2020 erteilt wurden, entschieden, dass § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG und §§ 3, 9 ZPO anzuwenden sind. Danach ist maximal der 3,5-fache Jahreswert der geltend gemachten Minderung als Streitwert festzusetzen. Ein Abschlag für die Feststellung ist nicht vorzunehmen. Die Begrenzung auf den Jahresbetrag einer Mietminderung analog § 41 Abs. 5 GKG soll in diesen Fällen gerade nicht stattfinden.[90] Die gilt allerdings nicht, wenn das Mietverhältnis eine kürzere Restlaufzeit vorsieht.

Mit der Einführung des KostRÄG 2021 stellt der Gesetzgeber in § 41 Abs. 5 S. 1 GKG klar, dass der Streitwert auf die Jahresmiete begrenzt werden soll. Für Aufträge ab dem 1.1.2021 findet also eine Streitwertreduzierung statt.

Der Vermieter kann statt des Feststellungsantrags auch Klage auf zukünftige vollständige Zahlung der Miete erheben.[91] Für diese Anträge dürfte § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG und §§ 3, 9 ZPO den Streitwert bestimmen und auf das dreieinhalbfache des Jahreswertes des bisher nicht gezahlten Mietminderungsbetrags festlegen. Dem Wortlaut nach sollte § 41 Abs. 5 S. 1 GKG hier keine Anwendung finden. Dem klagenden Vertreter des Mieters hilft diese Alternative nicht.

[90] BGH, Beschl. v. 14.6.2016 – VIII ZR 43/15, www. bundesgerichtshof.de.
[91] BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 146/10, www. bundesgerichtshof.de.

3. Beseitigung Mängel

 

Rz. 93

Ist die Klage eines Mieters auf die Beseitigung eines Mietmangels gerichtet, so findet über § 23 Abs. 1 RVG der § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 Alt. 2 GKG für Wohnraum Anwendung. Hier ist der Jahresbetrag der möglichen Mietminderung ausschlaggebend.[92] Die Rechtsmittelbeschwer hingegen richtet sich nach §§ 3, 9 ZPO. Die Obergrenze wird hier durch den 3,5-fachen Jahresminderungsbetrag bestimmt.

Im Gewerbemietverhältnis gilt die Begrenzung nicht. Hier berechnet sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresminderungsbetrag. Endet das Mietverhältnis vorher oder ist vermieterseitig vorher eine ordentliche Kündigung möglich, so ist diese nur bis zu diesem Zeitpunkt zu berechnen.

Verlangt der Mieter die Beseitigungskosten des Mangels oder auch einen Vorschuss darauf, soll statt des Minderungsbetrages der Betrag des geforderten Vorschusses ausschlaggebend sein.[93]

 

Praxistipp:

Lautet der Auftrag, die Beseitigung eines Mietmangels herbeizuführen, wäre ein Kostenvoranschlag für die betreffende Maßnahme einzuholen. Anhand des Kostenvoranschlages kann nun entschieden werden, ob die in der Regel mit dem höheren Streitwert bewertete Vorschussklage oder die Mangelbeseitigung geltend gemacht werden kann.

 

Rz. 94

Der Anspruch des Vermieters auf Duldung der Mangelbeseitigung oder anderer Instandsetzungsmaßnahmen bei Wohnraum bemisst sich nach § 23 Abs. 1 RVG, § 41 Abs. 5 GKG nach dem Wert der aufgrund des Mangels möglichen Mietminderung für den Restzeitraum der Vertragslaufzeit, höchstens jedoch für ein Jahr.[94] Wegen der Einbeziehung der Betriebskosten in die Berechnung der Mietminderung[95] dürfte hier ausnahmsweise die Bruttowarmmiete ausschlaggebend sein.

[93] LG Berlin, Beschl. v. 14.8.2012 – 63 T 121/12, www.bethge-legal.com/fileadmin/bethge-data/Presse/IBR-IMR/2013/LG_Berlin_63__T_121–12.AB.pdf; OLG Rostock, Urt. v. 11.6.2009 – 3 U 213/08, openJur 2012, 54960.
[94] KG, Beschl. v. 28.9.2009 – 22 W 47/09, openJur 2012, 11565.
[95] BGH, Urt. v. 6.4.2005 – XII ZR 225/03, www.bundesgerichtshof.de.

4. Feststellung Zurückbehaltungsrecht

 

Rz. 95

Ist die Mietsache mit einem nicht unerheblichen Mangel behaftet, kann der Mieter die Mietzahlung bis zur Beseitigung des Mangels zurückbehalten. Vor dem Hintergrund der unsäglichen BGH-Rechtsprechung zur ordentlichen Kündbarkeit von Mietverträgen bei Mietrückständen von mehr als einer Monatsmiete[96] und zur Begrenzung des Zurückbehaltungsrechtes,[97] ist das tatsächliche Zurückbehalten der Mietzahlungen eher riskant und daher praktisch in den Hintergrund getreten. Sinnvoller ist es daher, dieses Recht durch das Gericht feststellen zu lassen.

Wird das Zurückbehaltungsrecht einer vermieterseitigen Klageforderung als Einwendung entgegengehalten, findet es bei der Streitwertbemessung keine Berücksichtigung.[98]

In der Regel wird das Zurückbehaltungsrecht neben der Forderung zur Mangelbeseitigung geltend ...

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