Rz. 113

Nach § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Er trägt damit in vollem Umfang die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kündigung auf dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht. Die Rspr. stellt hohe Anforderungen an die Erfüllung der Darlegungs- und Beweislast (zur Darlegungs- und Beweislast bei der unternehmerischen Entscheidung siehe Rdn 61, 66 ff.). Gelegentlich rügt das BAG allerdings die Instanzgerichte wegen einer "Überdehnung" der Darlegungslast des Arbeitgebers.[274]

 

Rz. 114

Soweit es um Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten oder mildere Mittel geht, nimmt das BAG eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast an.[275] Es genügt der allgemeine Vortrag des Arbeitgebers, dass mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ausscheidet. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz[276] oder etwa in Betracht kommende mildere Mittel vorzutragen. Dabei genügt es für die Darlegung des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist. Er muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen.[277] Erst danach hat der Arbeitgeber vorzutragen und im Streitfall zu beweisen, aus welchen Gründen die Beschäftigung auf einem entsprechenden freien Arbeitsplatz nicht möglich oder das mildere Mittel nicht einsetzbar ist.[278]

 

Rz. 115

 

Praxishinweis

Der Arbeitgeberanwalt wird in der Erwiderung auf die Kündigungsschutzklage lediglich vortragen, eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz sei nicht möglich.

Der Arbeitnehmeranwalt wird dann vortragen, in welchen Bereichen und in welcher Funktion eine anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz vorstellbar sei (z.B. dass der Arbeitnehmer auch im Außendienst, als Fahrer oder im Lager arbeiten würde) oder besser auf welchem konkreten freien Arbeitsplatz im Betrieb, Unternehmen oder ggf. im Konzern eine Weiterbeschäftigung, ggf. zu geänderten Bedingungen, mit denen der Arbeitnehmer einverstanden ist, möglich ist. Ggf. wird er konkrete Fortbildungsmaßnahmen benennen, die die Weiterbeschäftigung auf einem bestimmten freien Arbeitsplatz ermöglichen. Schließlich wird er zu etwaigen milderen Mitteln konkret vortragen, etwa dass in einem bestimmten Zeitraum in der Abteilung, in der der Arbeitnehmer beschäftigt war, erhebliche Überstunden gemacht worden sind oder dort Leiharbeitnehmer eingesetzt werden.

[274] Vgl. z.B. BAG v. 18.10.2006, NZA 2007, 552, 556.
[277] BAG v. 25.2.1988, RzK I S c; ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn 264.
[278] Ausführlich BAG v. 15.8.2002, NZA 2003, 430, 431.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge