Rz. 3

In der Beratungspraxis zeigt sich, dass das Hauptmotiv für die Errichtung einer Patientenverfügung grundsätzlich die Angst vor jahrelangem Siechtum, geistigem Zerfall, Schmerzen, Abhängigkeit aufgrund umfangreicher Pflegebedürftigkeit und damit der Wunsch nach einem natürlichen, selbstbestimmten Sterben ist. Diese Angst erscheint berechtigt, wenn man sich die veröffentlichten Zahlen hierzu vergegenwärtigt: 2021 starben in Deutschland insgesamt 1.023.687 Menschen, 447.473 davon in Krankenhäusern.[1] 2020 starben des Weiteren ca. 900 Menschen täglich in Pflegeheimen, in den Jahren 2021 und 2022 aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie mutmaßlich noch mehr. Schenkt man Aussagen von in der Pflege Beschäftigten Glauben, ist ein würdevolles Sterben in den entsprechenden Einrichtungen oft nicht möglich. Hier verbleibt als einziges Mittel der Selbstbestimmung die Errichtung einer Patientenverfügung, die gewährleisten kann, dass Behandlungswünsche des Betroffenen auch im Zustand der eingetretenen Einwilligungsunfähigkeit auf ärztliche Maßnahmen Einfluss nehmen. Daneben wird mit der Errichtung einer Patientenverfügung auch die Verantwortung für schwierige Entscheidungen über den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen von der betroffenen Person selbst übernommen. Angehörige, Bevollmächtigte oder Betreuer sowie Ärzte und Pflegepersonal können bei Vorliegen einer wirksamen Patientenverfügung im Ernstfall erheblich entlastet werden.

 

Rz. 4

Die Zahl der in Deutschland verfassten Patientenverfügungen war bis Ende 2022 nicht bekannt. Lediglich im Rahmen der Registrierung von Vorsorgevollmachten beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer war es bis Ende 2022 möglich, die zusätzliche Information zu hinterlegen, ob neben der Vollmacht auch eine Patientenverfügung vorhanden ist. Es wird davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtzahl der 2020 rund 4,7 Millionen eingetragenen Vorsorgevollmachten etwa 3,5 Millionen Patientenverfügungen mitregistriert wurden.[2] Man kann somit davon ausgehen, dass heute ein Großteil der Bevölkerung keine Patientenverfügung errichtet hat.

[1] Statistisches Bundesamt, Todesursachenstatistik 2021, Pressemitteilung Nr. 544 vom 16.12.2022 und Tabelle-Nr. 23131.
[2] Deutscher Bundestag, Zahl der Patientenverfügungen, hib 789/2020 vom 28.7.2020.

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