Leitsatz

  1. Der Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG betrifft nur schuldrechtliche Vereinbarungen der Eigentümer
  2. Von der inhaltlichen Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses ist eine vertragliche Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung zu unterscheiden; eine solche Zuordnung kann nicht Gegenstand einer Vereinbarung i.S.d. § 10 WEG sein
 

Normenkette

§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG; § 242 BGB

 

Kommentar

  1. Im vorliegenden Fall sollten laut Sachverhalt nach früherer Beschlussfassung 2 Teileigentumseinheiten in 4 Wohnungen umgewandelt werden, auch unter Einräumung neuer Sondernutzungsrechte an noch zu errichtenden Dachgärten und unter Einbeziehung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Waschküche in ein Wohnungssondereigentum. Nach langjährigen Streitigkeiten verlangten nun Neueigentümer von den beklagten restlichen Eigentümern die Genehmigung einer notariellen Vereinbarung, die für die Wohnungseigentümer durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossen wurde. Die Kläger stützten ihren Anspruch auf § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG.
  2. § 10 Abs. 2 WEG betrifft nur schuldrechtliche Vereinbarungen, die allerdings durch Eintragung in das Grundbuch verdinglicht werden können (so auch die Gesetzesbegründung der WEG-Novelle 2007). Von der inhaltlichen Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses sind dingliche Änderungswünsche zu unterscheiden. Ein Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der sachenrechtlichen Zuordnung des Wohnungseigentums lässt sich damit nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG herleiten.
  3. Zwar berührt eine Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum die sachenrechtlichen Grundlagen einer Gemeinschaft nicht, sodass § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG anwendbar wäre. Vorliegend geht es den Klägern allerdings nicht lediglich um eine Änderung der Zweckbestimmung der Nutzung von Teileigentumseinheiten; vielmehr sollte auch an Teilen des Gemeinschaftseigentums (Waschküche und Sondernutzungsflächen) Sondereigentum begründet werden. Diese Regelung betrifft nicht lediglich das Gemeinschaftsverhältnis der Eigentümer untereinander, sondern aufgrund der mit der Änderung der Zweckbestimmung untrennbar verbundenen Änderungauch der Eigentumsverhältnisse die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft. Auch die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an Dachterrassen ist einer isolierten Beurteilung anhand des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG nicht zugänglich. Vorliegend sollte das Sondernutzungsrecht Inhalt der – unter Einbeziehung von Gemeinschaftseigentum – neu zu schaffenden Wohnungseigentumseinheiten werden. Die Regelungsgegenstände sind damit auf eine Weise miteinander verknüpft, die eine isolierte Betrachtung einzelner Regelungen nicht zulässt.
  4. Neben § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG besteht u.U. auch ein Änderungsanspruch nach § 242 BGB, allerdings auch nur hinsichtlich einer Anpassung unbilliger Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung. Ein Abänderungsanspruch im Hinblick auf die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft kann aber auch aus § 242 BGB nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen hergeleitet werden.
  5. Der seinerzeitige Beschluss der Gemeinschaft hinsichtlich der Umwidmung und Einräumung von Sondernutzungsrechten sowie der Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum ist im Übrigen mangels Beschlusskompetenz nichtig. Den Erwägungen des Berufungsgerichts zu Vertrauensgesichtspunkten begegnen keine rechtlichen Bedenken.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.05.2012, V ZR 189/11

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