Corona-Krise: Unternehmenskultur und Innovation bei DHL

Die Unternehmenskultur ist entscheidend, wenn es darum geht, in der Krise handlungsfähig zu sein. Welche Chancen darin liegen, erklärt Rob Rosenberg, Global Head of HR bei DHL Supply Chain.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat Unternehmen weltweit viel abverlangt. Aber die Krise hat auch gezeigt, dass Unternehmen, die schnell und flexibel auf Veränderungen reagieren, besser durch die Krise navigieren. Dabei ist die Unternehmenskultur ebenso entscheidend, wie Innovationen zu fördern. Wir haben gesehen, wie sich Unternehmen überall auf der Welt trotz der eigenen geschäftlichen Herausforderungen zusammengetan haben, um in der Pandemie Lösungen für das Gemeinwohl zu entwickeln und damit – so drastisch kann man das in diesem Fall sagen – Leben zu retten.

DHL Supply Chain: Kreativität und Eigeninitiative fördern Wandel

Brennereien sind vielerorts kurzfristig dazu übergegangen, Handdesinfektionsmittel statt Spirituosen herzustellen. Automobilfirmen haben ihre Produktion kurzerhand auf die Herstellung von Beatmungsgeräten umgestellt und Technologie-Startups haben sich unverzüglich an die Entwicklung neuer Apps und Anwendungen gemacht, die die Verbreitung des Virus nachverfolgen und verhindern sollen.

Alle diese von außen betrachtet sehr unterschiedlichen Unternehmen haben eines gemeinsam: Eine Unternehmenskultur, die Kreativität und Eigeninitiative fördert. Unternehmen, die diese Denkweise unterstützen, sich instinktiv und auf allen Ebenen der Organisation schnell anpassen und verbessern zu können, haben eindrücklich gezeigt, wie wirkungsvoll ein Wandel – auch innerhalb kürzester Zeit – sein kann.

Unternehmenskultur: Am Anfang steht der Purpose

Ohne einen definierten Purpose geht es allerdings nicht: Aus meiner Erfahrung profitieren Führungskräfte, die sich auf einen klaren Zweck fokussieren, von einer produktiveren Belegschaft als jene, die zu viele Fäden gleichzeitig in der Hand halten wollen. Bei DHL eint uns daher weltweit ein gemeinsames Ziel: "Connecting people, improving lives" – Menschen verbinden, Leben verbessern.

Integration des Purpose in die gelebte Unternehmenskultur

Einen solchen, für das eigene Unternehmen passenden Purpose zu finden und in die gelebte Unternehmenskultur zu integrieren, funktioniert natürlich nicht von heute auf morgen. Bei DHL haben wir über Jahre hinweg Initiativen etabliert, die diesen Wandel unterstützen und uns helfen, diese gemeinsame Kultur im Unternehmen zu etablieren.

Das "Certified Programm" von DHL ist eine dieser Initiativen und umfasst beispielsweise eine Reihe von Lern- und Entwicklungstools, die sich auf individuelle Führungsqualitäten, Kundenorientierung sowie operative und funktionale Exzellenz konzentrieren. Mithilfe dieses Programmes haben wir über die Jahre eine ebensolche offene und globale Unternehmenskultur etabliert, die unsere Mitarbeitenden nun auch im Kampf gegen Covid-19 geeint hat.

Mehr als nur Logistik: DHL unterstützt das Gesundheitswesen

In Nordamerika haben die Kollegen zum Beispiel kurzfristig den Transport von circa 1,3 Millionen Schutzkitteln an medizinische Einrichtungen organisiert. In Großbritannien und Irland schlossen sich die Kollegen der "Ventilator Challenge UK" an, einem Konsortium aus Unternehmen wie Rolls-Royce, Ford, Airbus – und eben DHL. Gemeinsame Aufgabe war es, Beatmungsgeräte zu produzieren und an den britischen National Health Service auszuliefern. Wir haben mit unserer Logistikexpertise innerhalb weniger Tage die dafür nötige Lieferkette aufgebaut und in kürzester Zeit über drei Millionen Teile transportiert.

Wir unterstützen unsere Kunden und das Gesundheitswesen aber nicht nur in Großbritannien oder Amerika, auch in Deutschland sind wir als führender Logistikpartner bei der Bewältigung der Pandemie eingebunden. Wir organisieren Lieferketten, um Schutzausrüstungen zu beschaffen und helfen dabei, medizinisch notwendiges Material zu lagern und zu verteilen. Dabei waren es bei DHL Supply Chain aus meiner Sicht vor allem drei kulturelle Triebkräfte, die es uns ermöglicht haben, im Sinne unserer Kunden schnell und innovativ auf die Herausforderungen zu reagieren: Das richtige unternehmerische Umfeld, hochmotivierte Mitarbeitende und die richtigen Prozesse und Arbeitsabläufe.

Führungsstil setzt auf Eigeninitiative der Belegschaft

Unser globaler Ansatz in der Unternehmensführung ermöglicht es uns, innerhalb der Organisation eine Kultur zu schaffen, die auf dem Management logistischer Prozesse basiert, aber gleichzeitig die Mitarbeitenden auch dazu ermutigt, Annahmen in Frage zu stellen, offen zu sein für neue Ideen und die ihnen die Freiheit gibt, zu experimentieren, zu scheitern und daraus zu lernen.

Während der Covid-19-Krise war es genau dieser Führungsstil, der auf Eigeninitiative der Belegschaft setzt und der es beispielsweise unseren Kollegen in Nordamerika ermöglicht hat, das Werk eines unserer Automobilkunden kurzerhand für die Produktion medizinischer Geräte umzurüsten oder der in Indien den Weg für die Einführung kontaktloser Desinfektionsmittelspender in unseren Lagerhäusern ebnete.

Richtige Talente rekrutieren und Mitarbeiter weiterentwickeln

Als Vordenker in der Logistikbranche setzen wir durchgängig auf Schulungs- und Entwicklungsprogramme, um Innovation gezielt zu gestalten und zu stärken. So bieten wir jedem unserer Mitarbeitenden mit dem eigenen Online-System "My Talent World" Zugang zu über 1.000 Trainings und Kursen für die individuelle Weiterentwicklung.

Auch hier hat uns die Pandemie gerade erst zahlreiche, konkrete Beispiele geliefert, wie diese Investition in die Schulung und Ausbildung unsere Mitarbeitenden zu neuen Ideen und Arbeitsweisen führen kann. Darüber hinaus haben unsere Mitarbeitende zum Beispiel einen neuen Lieferdienst entwickelt, damit 5.200 Krebspatienten trotz Lockdown weiterhin mit lebenswichtigen Medikamenten versorgt werden und sie die Behandlung zu Hause fortsetzen konnten.

In Großbritannien richteten wir für den Reformkosthändler Holland & Barrett in nur 48 Stunden ein komplettes E-Commerce-Fulfillment-Center ein. Nur so war der Kunde in der Lage, den enormen Anstieg der Onlinebestellungen während der Corona-Krise zu bewältigen. Und gleiches gilt für viele andere Sektoren, die wir in der Krise durch gut geschulte Mitarbeiter unterstützen konnten. Innerhalb einer Woche richteten die Kollegen in Singapur eine Covid-19-Hotline mit 52 Telefon-Agenten ein, die binnen Tagen rekrutiert und geschult wurden, um dann Bürgeranfragen zu beantworten.

Auch hier zeigt sich unsere Erfahrung und Expertise im Konzern, Mitarbeitende schnell und effektiv auf neue Aufgaben vorzubereiten und zu schulen. Das zahlt sich in der Krise für uns und unsere Kunden aus.

Die richtigen Prozesse einführen, um Innovationen zu fördern

Der dritte entscheidende Punkt besteht darin, möglichst viele Quellen zur Ideenfindung in Betracht zu ziehen und die richtigen Prozesse zu haben, um innovative Konzepte zu entwickeln. 2017 haben wir unser Start-up-Lab ins Leben gerufen, über das wir unsere Mitarbeitenden dabei unterstützen, innovative Geschäftsmodelle anzustoßen und neue Technologien bei DHL zu implementieren. Im Rahmen dieses Inkubationsprogrammes stellen wir Werkzeuge, Tools und jedwede erforderliche Unterstützung zur Verfügung.

Unternehmergeist zu fördern, zahlt sich langfristig aus. So haben die Gewinner des Start-up-Lab von 2018 während der Krise mit dem Flugzeugzulieferer Senior Aerospace BWT zusammengearbeitet, um 100.000 Gesichtsschilder für das Gesundheitspersonal herzustellen. Zur Produktion der Schilder wurden unsere 3D-Drucker genutzt.

Diese Beispiele – die nur einen Ausschnitt unseres weltweiten Engagements während der Corona-Krise sind – zeigen, dass strukturierte Prozesse dazu beitragen, Innovationen zu fördern, die in diesen Zeiten unter anderem Leben retten. Mehr noch: Sie zeigen, dass die Unternehmenskultur bei DHL einen fruchtbaren Nährboden für neue, innovative Ideen in der Logistik bietet.


Zum Autor: Rob Rosenberg verantwortet seit 2001 als Global Head of HR die allgemeine HR-Strategie für die mehr als 160.000 Mitarbeitenden bei DHL Supply Chain in 60 Ländern. Er ist zudem Mitglied des Global HR Board der Deutsche Post DHL Group und Mitglied des Global Management Board von DHL Supply Chain. Zuvor war er 15 Jahre als Vice President für den Bereich Human Resources beim Lebensmittelunternehmen Fritto-Lay zuständig.


Das könnte Sie auch interessieren:

Was macht eine gute Feedback-Kultur aus?

Umfrage: Lieber lügen als Ärger bekommen

Exitstrategien: Vorbereitung für den Neustart