WEG muss keine Bauteilöffnung am Gemeinschaftseigentum dulden

Ein am selbstständigen Beweisverfahren nicht beteiligter Dritter kann nicht verpflichtet werden, eine Bauteilöffnung in seiner Wohnung zur Beweissicherung zu dulden. Zur Wohnung in diesem Sinne gehören auch eine im Gemeinschaftseigentum stehende Außentreppe, ein Fahrradkeller und eine Tiefgarage.

Hintergrund

Wohnungseigentümer betreiben gegen den Bauträger und den planenden und bauleitenden Architekten ein selbstständiges Beweisverfahren. Dessen Gegenstand ist es, Mängel der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz festzustellen. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hält Bauteilöffnungen am Gemeinschaftseigentum für erforderlich, um sein Gutachten erstatten zu können.

Das Landgericht ordnete deshalb an, dass sämtliche Eigentümer bzw. die Eigentümergemeinschaft Bauteilöffnungen an der Außentreppe, dem Flachdachanschluss einer Wohnung, im Eingangselement, der Decke des Fahrradkellers und der Tiefgaragendecke dulden müssten.

Eine am Beweisverfahren nicht beteiligte Wohnungseigentümerin sowie die Wohnungseigentümergemeinschaft sind mit solchen Bauteilöffnungen nicht einverstanden und wenden sich gegen die Duldungsanordnung.

Entscheidung

Die Eigentümer und die Eigentümergemeinschaft müssen die Bauteilöffnung am Gemeinschaftseigentum nicht dulden.

Die Duldung einer Sachverständigenbegutachtung kann angeordnet werden, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist (§ 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Dabei ist der Wohnungsbegriff umfassend zu verstehen. Wohnung ist der zu Aufenthalts- oder Arbeitszwecken bestimmte und benutzte Raum einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freien Geländes. Dazu gehören Keller, Speicher, Treppen, Garagen, nicht allgemein zugängliche Geschäfts- und Büroräume und ähnliche Räume sowie umzäunte oder in anderer Weise der öffentlichen Zugänglichkeit entzogene Bereiche wie Gärten oder Vorgärten. Entscheidend ist, ob der jeweilige Raum oder die jeweilige Fläche für private Zwecke gewidmet und der Öffentlichkeit nicht frei zugänglich ist.

Träger des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) sind neben natürlichen Personen auch juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen des Privatrechts, und damit auch Wohnungseigentümergemeinschaften im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums

Auf dieser Grundlage ist das Gemeinschaftseigentum hier einer Anordnung, Bauteilöffnungen zu dulden, entzogen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige ausschließlich von außen Bauteilöffnungen vornehmen muss, da der Außenbereich ebenso wie der Innenbereich über Art. 13 GG geschützt wird.

(BGH, Beschluss v. 16.5.2013, VII ZB 61/12)

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