BGH: Kündigung des Insolvenzverwalters wirkt für alle Mieter

Wird bei einem gewerblichen Mietverhältnis über das Vermögen eines Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet, beendet die Kündigung des Insolvenzverwalters den Mietvertrag auch mit Wirkung für die Mitmieter.

Hintergrund

Der Vermieter von Gewerberäumen verlangt von einem der Mieter rückständige Miete.

Der beklagte Mieter hatte die Räume gemeinsam mit einen weiteren Mieter angemietet. Im Februar 2009 wurde über das Vermögen des weiteren Mieters das Insolvenzverfahren eröffent. Der Insolvenzverwalter kündigte das Mietverhältnis unter Berufung auf § 109 InsO zum 31.7.2009.

Der Vermieter verlangt nun von dem nicht-insolventen Mieter Zahlung der Miete für September 2009.

Entscheidung

Der BGH gibt dem Mieter Recht. Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Mietzahlung für September 2009, denn das Mietverhältnis ist durch die Kündigung des Insolvenzverwalters mit Wirkung für beide Mieter beendet worden.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer ein Mietverhältnis über Räume, das der Schuldner als Mieter eingegangen ist, mit gesetzlicher Frist kündigen. Das gilt auch, wenn der Insolvenzschuldner nicht alleiniger Mieter war. Zwar kann bei einer Mehrheit von Mietern ein Mietvertrag grundsätzlich nur einheitlich von oder gegenüber allen Mietern gekündigt werden. § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO räumt dem Insolvenzverwalter jedoch ein Sonderkündigungsrecht ein, um die Masse vor einem weiteren Anwachsen von Verbindlichkeiten aufgrund eines laufenden Mietvertrags zu schützen, wenn eine wirtschaftlich angemessene Nutzung des Mietobjekts nicht mehr möglich ist. Dieser Zweck der Vorschrift gebietet es, dass der Insolvenzverwalter auch einen Mietvertrag, der von einer Mietermehrheit abgeschlossen worden ist, ohne Mitwirkung der übrigen Mieter kündigen kann.

Die Kündigung des Insolvenzverwalters wirkt auch für die übrigen Mieter. Sofern der Vermieter und die anderen Mieter das Mietverhältnis ohne den insolventen Schuldner fortsetzen wollen, bleibt es ihnen unbenommen, einen neuen Mietvertrag abzuschließen. Zudem können sich die Mietvertragsparteien vor den Folgen einer Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO durch eine mietvertragliche Regelung schützen, nach der der Mietvertrag im Falle einer Kündigung nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO mit den weiteren Mietern fortgesetzt werden soll.

(BGH, Urteil v. 13.3.2013, XII ZR 34/12)

§ 109 Abs. 1 InsO:

Schuldner als Mieter oder Pächter
Ein Miet- oder Pachtverhältnis über einen unbeweglichen Gegenstand oder über Räume, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kündigen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Ist Gegenstand des Mietverhältnisses die Wohnung des Schuldners, so tritt an die Stelle der Kündigung das Recht des Insolvenzverwalters zu erklären, dass Ansprüche, die nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Kündigt der Verwalter nach Satz 1 oder gibt er die Erklärung nach Satz 2 ab, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses oder wegen der Folgen der Erklärung als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

Schlagworte zum Thema:  Insolvenz, Kündigung