Einführung einer HGB-Vorschrift für Rückstellungen

Bisher wurde bei Rückstellungen die steuerrechtliche Vorschrift auch in der handelsrechtlichen Bilanzierungspraxis angewandt. Seitdem § 253 HGB als erste handelsrechtliche Vorschrift für Rückstellungen eingeführt wurde, hat sich die Bewertung von Pensionsrückstellungen geändert. Diese sollte das Rechnungswesen kennen.

Neue handelsrechtlichen Vorschrift für Rückstellungen

Seit Einführung einer handelsrechtlichen Vorschrift für Rückstellung (durch das BilMoG) ist die bisher häufige Bilanzierungspraxis, die steuerrechtlichen Vorschriften des § 6a EStG auch im Handelsrecht anzuwenden und somit ein zusätzliches versicherungsmathematisches Gutachten für die Handelsbilanz zu vermeiden, nicht mehr möglich.

IDW RS HFA 30 ergänzt neue Vorschrift
Flankiert werden die neuen handelsrechtlichen Regelungen dabei durch die Interpretation des IDW RS HFA 30 „Handelsrechtliche Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen“.

Berücksichtigung der künftigen Preis- und Kostenentwicklung
Mit § 253 Abs. 1 HGB ist erstmalig eine eigenständige Bewertungsvorschrift für Rückstellungen eingefügt worden. Danach sind alle Rückstellungen mit dem künftigen notwendigen Erfüllungsbeitrag anzusetzen. Daher sind bei der Rückstellungsbewertung anzusetzen:

  • künftige Preissteigerungen und
  • künftige Kostensteigerungen

Dies bedeutet für die Bewertung von Pensionsrückstellungen konkret, dass anders als im Steuerrecht folgendes zu berücksichtigen ist:

  • die unternehmensindividuellen Gehalts- und Rententrends sowie
  • die Fluktuationsrate

Diskontierung der Pensionsverpflichtung
Für die Diskontierung der Pensionsverpflichtung ist gemäß § 253 Abs. 2 S. 1 HGB einer durch eine Rechtsverordnung festgelegter Durchschnittszinssatz der vergangenen sieben Jahre anzuwenden.

Praxis-Hinweis: Da der Durchschnittszinssatz in der Vergangenheit deutlich unter dem steuerlichen Diskontierungszinssatz von 6 % lag, führte die Diskontierung regelmäßig zu einer erheblichen Werterhöhung der Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz.

Behutsamer Übergang für „alte“ Pensionsverpflichtungen
Da Art. 66 Abs. 3 S. 1 EGHGB eine sog. „retrospektive Anwendung“ der handelsrechtlichen Neuregelungen gemäß BilMoG vorsieht, unterlagen auch die vor dem 1.1.2010 zugesagten Pensionsverpflichtungen diesen Bewertungsänderungen. Allerdings ermöglichten die Übergangsvorschriften des Art. 67 Abs. 1 S. EGHGB einen behutsamen Übergang auf die neuen Regelungen.

Laut der Übergangsvorschrift durfte der sich aus der Neubewertung der Pensionsrückstellungen ergebende Zuführungsbetrag auf einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren gestreckt werden. Dies bedeutet, dass

  • der sich aus der Neubewertung ergebende Aufwand
  • bis zum 31.12.2024
  • mit jährlich mindestens 1/15 des gesamten Anpassungsbetrags

angesammelt werden kann. Die Höhe der nicht passivierten Unterdeckung ist dabei im Anhang anzugeben (Art. 67 Abs. 2 EGHGB).

In Ausnahmefällen Beibehaltung des Betrags möglich
Sofern in Ausnahmefällen die Neubewertung der historischen Pensionsrückstellungen eine Abstockung erfordert, durfte dieser Betrag im Übergangszeitpunkt auf das BilMoG beibehalten werden, soweit der aufzulösende Betrag bis spätestens zum 31.12.2024 wieder hätte zugeführt werden müssen. Der Betrag einer etwaigen Überdeckung der Pensionsrückstellung ist ebenfalls im Anhang anzugeben. Entschied sich das bilanzierende Unternehmen für eine entsprechende Auflösung des Abstockungsbetrags, so war dieser direkt in die Gewinnrücklagen, d.h. ohne Auswirkung auf die GuV, einzustellen (Art. 67 Abs. 1 S. 3 EGHGB).