Erbringt ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder Leistung gegen Entgelt, unterliegt diese regelmäßig als steuerbare Lieferung bzw. Leistung der Umsatzsteuer. Allerdings gibt das Umsatzsteuergesetz auch zahlreiche Steuerbefreiungen in § 4 UStG vor, sodass nicht auf jede steuerbare Lieferung oder Leistung die Umsatzsteuer auch tatsächlich zu erheben ist.
So sind auch
- Finanzdienstleistungen nach § 4 Nr. 8 a) bis g) UStG (z. B. Kreditgewährung),
- Umsätze nach § 4 Nr. 9 a) UStG, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (z. B. Veräußerung von Immobilien),
- Vermietungsumsätze u. ä. nach § 4 Nr. 12 UStG (z. B. Vermietung von Gewerberäumen),
- Umsätze von Wohnungseigentümergemeinschaften nach § 4 Nr. 13 UStG (z. B. Gebrauchsüberlassung des gemeinschaftlichen Eigentums) und auch
- die Umsätze von blinden Unternehmern und Blindenwerkstätten nach § 4 Nr. 19 UStG
umsatzsteuerfrei gestellt.
Umsatzsteuerbefreiung: keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug
Als sog. "unechte Steuerbefreiungen" haben alle diese Umsätze gemeinsam, dass der Umsatzsteuerbefreiung die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug folgt. D. h. erwirbt der Unternehmer A ein bestehendes Geschäftshaus von Unternehmer B, unterliegt dieser Umsatz regelmäßig der Besteuerung mit Grunderwerbsteuer und ist daher im Umsatzsteuergesetz steuerfrei gestellt. Unternehmer B stellt damit grundsätzlich eine Ausgangsrechnung ohne Umsatzsteuerausweis. Unternehmer A hat aber auch keinen Vorsteuerabzug, weder aus der Hauptleistung noch aus etwaigen Nebenleistungen.
Insbesondere im Bereich der Immobilienvermietungen und -veräußerungen sind diese Steuerbefreiungen daher nicht immer sinnvoll für den Unternehmer. Die daraus folgende Versagung zum Vorsteuerabzug für ihn kann z. B. bei großen Umbaumaßnahmen am Objekt zu einer geringeren Liquidität führen.
Praxis-Beispiel: Mangelnder Vorsteuerabzug mindert Liquidität
Im Wohn- und Geschäftshaus von Vermieter Pots stehen Büroräume im 1. OG frei. Aufgrund des Alters des Gebäudes nutzt Pots den anstehenden Mieterwechsel und lässt die Räume aufwendig modernisieren. Hierbei werden Boden, Fenster und die sanitären Anlagen erneuert. Insgesamt belaufen sich die Modernisierungsaufwendungen hierfür auf 25.000 EUR netto zzgl. 4.750 EUR Umsatzsteuer. Da die langfristige Vermietung regelmäßig nach § 4 Nr. 12 UStG steuerbefreit ist und diese Steuerfreiheit die Versagung des Vorsteuerabzugs zur Folge hat, stellen die Modernisierungskosten brutto Aufwendungen für Pots dar. Die 4.750 EUR kann er nicht als Vorsteuer im Rahmen der Umsatzsteuererklärung geltend machen und erstattet bekommen.Der mangelnde Vorsteuerabzug hat für Pots damit eine nicht unwesentliche Minderung seiner Liquidität zur Folge (4.750 EUR).
ich habe eine Verständnisfrage zu dem Thema.
Es heißt zunächst bei Altbauten nach § 27 Abs. 2 UStG darf NICHT auf Umsatzsteuer optiert werden.
Im Beispiel darunter (Herr Pots baut Haus) darf Herr Pots jedoch auch beim Arzt auf USt optieren, obwohl er einen Altbau nach § 27 Abs. 2 UStG hat.
Stehe ich da auf dem Schlauch? Das klingt für mich Widersprüchlich und ich freue mich, wenn mir da Licht ins Dunkel gebracht wird. Ich habe ein Misch-haus (MFH mit oben wohnen und unten Ladenlokale) aus dem Jahre 1969 und würde gerne nachträglich die USt-Option bei den Gewerben in Anspruch nehmen.
Darf ich das nun oder doch nicht?
Danke für die Hilfe
Beste Grüße Marianne
vielen Dank für Ihren Hinweis. Die Darstellung ist leider tatsächlich etwas widersprüchlich. Es ist korrekt, dass für die Altgebäude nach § 27 Abs. 2 UStG die Anwendung der USt-Option nach § 9 Abs. 2 UStG vollständig ausgeschlossen ist. Die Autorinnen haben das Beispiel in Kapitel 2 entsprechend angepasst und Hinweise eingefügt.
Beste Grüße
Ihre Haufe Online Redaktion Finance