Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug von Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben bzw. als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Betriebsausgabenabzug von Strafverteidigungskosten setzt voraus, dass die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist.

2. In Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens nach § 153a StPO weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Steuerpflichtigen erfolgt, ist für die Beurteilung des für den Betriebsausgabenabzug erforderlichen Veranlassungszusammenhangs mit der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf den Anklagevorwurf abzustellen.

3. Hat der Steuerpflichtige bei Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO seine notwendigen Auslagen gemäß § 467 Abs. 5 StPO selbst zu tragen, sind ihm die Strafverteidigungskosten nicht zwangsläufig i.S.v. § 33 EStG entstanden.

 

Normenkette

AO § 370 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 4, § 33; StPO §§ 153a, 467

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Beratungs- und Prozesskosten als Betriebsausgaben.

Der Kläger, der in den Jahren 2012 bis 2015 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wurde, erzielte in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte aus dem von ihm betriebenen Einzelunternehmen "A". Die Gewinnermittlung erfolgte durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG. Daneben erzielte der Kläger gewerbliche Beteiligungseinkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen.

In den Einkommensteuererklärungen bzw. Gewerbesteuererklärungen der Streitjahre erklärte der Kläger folgende Gewinne aus Gewerbebetrieb:

Jahr

Erklärungen vom

Gewinn aus Gewerbebetrieb

2010

05.01.2012

119.300 €

2012

30.10.2013

109.987 €

2013

16.10.2014

105.190 €

2014

30.12.2015

44.898 €

2015

23.12.2016

91.975 €

Die erklärten Gewinne aus Gewerbebetrieb wurden - soweit sie die Streitjahre betreffen - der Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2012 und 2013 bzw. der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2010 erklärungsgemäß zugrunde gelegt. Die Steuerbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. In der Folge wurden die Einkommensteuerbescheide wegen Änderungen bei den Beteiligungseinkünften des Klägers nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.

Am 30.06.2016 ergingen ein Einkommensteuerbescheid sowie ein Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2014, in denen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb in Abweichung von den Steuererklärungen des Klägers mit 120.257 € - statt wie erklärt mit 44.898 € - berücksichtigt wurden. In der Gewinnermittlung für das Jahr 2014 gewinnmindernd geltend gemachte Beratungs- und Prozesskosten in Höhe von netto 75.359 € im Zusammenhang mit einem gegen den Kläger geführten Steuerstrafverfahren erkannte der Beklagte nicht als Betriebsausgaben an.

Den Beratungs- und Prozesskosten lag Folgendes zugrunde:

Nach einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger Anklage wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen gemäß § 369 Abs. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 53,§ 54 StGB zum Amtsgericht (im Folgenden: AG). Gegenstand des Klagevorwurfs war die Verkürzung von Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer in den Jahren 2001 bis 2004 durch Geltendmachung von in Scheinrechnungen ausgewiesenen Beträgen als Betriebsausgaben bzw. als Vorsteuer. Im Einzelnen wurde dem Kläger laut Anklageschrift vom 24.03.2009 (Bl. 220 Gerichtsakte) Folgendes vorgeworfen:

"Der Angeschuldigte betreibt unter der Firmierung "A" ein Einzelunternehmen mit Sitz in I. In Absprache mit dem Angeschuldigten richtete die E SA mit Sitz in L, Schweiz, bei der es sich um eine reine Briefkastenfirma handelt, zwischen dem 23.01.2001 und dem 08.12.2004 Scheinrechnungen an den Angeschuldigten. Dieser nutzte die Scheinrechnungen zur Minderung seines Gewinns, indem er die ausgewiesenen Beträge als Betriebsausgaben geltend machte. Mehrheitlicher Anteilseigener der E SA ist der Zeuge Dr. H. Dieser räumte ein, Scheinrechnungen an den Angeschuldigten geschrieben, die anschließend vom Angeschuldigten in die Schweiz überwiesenen Gelder dort in bar abgehoben und abzüglich einer Aufwandsentschädigung von 20 % dem Angeschuldigten in Deutschland wieder übergeben zu haben.

Auch der Zeuge H, ein Zimmermeister, mit dem der Angeschuldigte seinerzeit befreundet war, schrieb an diesen zwischen dem 30.01.2001 und dem 17.12.2004 absprachegemäß Scheinrechnungen. Hierzu nutzte er schon vergebene Rechnungsnummern, unter denen er Leistungen seiner Zimmerei bereits anderweitig abgerechnet und verbucht hatte. Auf den Scheinrechnungen bestätigte der Zeuge H zudem wahrheitswidrig den Erhalt der ausgewiesenen Rechnungsbeträge in bar, obwohl tatsächlich keine Zahlungen an ihn erfolgten. Auch diese Scheinrechnungen nutzte der Angeschuldigte zur Minderung seines Gewinns, indem er die angeblich gezahlten Rechnungssummen als Betriebsaus...

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