Rz. 3

Die ehrenamtlichen Richter üben ihr Amt neben einem nichtrichterlichen Hauptberuf nebenamtlich aus. Anders als etwa die Schöffen in Strafverfahren sind sie keine Laienrichter, sondern sachkundige Beisitzer. Ihre Stellung und Aufgabe ist allein vergleichbar mit den ehrenamtlichen Richtern in der Arbeitsgerichtsbarkeit und den Handelsrichtern. Denn sie sollen konkret die Erfahrungen und Kenntnisse in die gerichtliche Entscheidung mit einfließen lassen, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben erworben haben. Dabei kommt ihnen sicherlich in besonderem Maße die Aufgabe zu, sich für die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit im Rahmen der bestehenden Rechtsnormen einzusetzen. Die ehrenamtlichen Richter genießen auch die richterliche Unabhängigkeit. So können sie z. B. nur unter engen Voraussetzungen und nur kraft richterlicher Entscheidung von ihrem Amt entbunden oder ihres Amtes enthoben werden (BVerfG, Bes. v. 26.8.2013, 2 BvR 225/13). Ihre Mitwirkung ist auf die Tätigkeit in der Sitzung bzw. bei Urteilen ohne mündliche Verhandlung bei der Beratung beschränkt. Aus diesem Grunde haben sie keinen Anspruch auf einen Zugriff auf Voten der Berufsrichter. Fraglich erscheint es deshalb auch, ob ehrenamtliche Richter schon vor dem Sitzungstag Informationen über die zu verhandelnden Streitfälle erhalten dürfen. Die Übersendung von entsprechender Information entbindet aber keinesfalls von der Verpflichtung im Termin zur mündlichen Verhandlung den Sachvortrag zu halten, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Informationen von den ehrenamtlichen Richtern tatsächlich gelesen worden sind. Urteile werden allein von den Berufsrichtern abgefasst und unterschrieben. Lediglich in der Revisionsinstanz ist ihnen das Recht eingeräumt, sich zu dem Urteilsentwurf zu äußern (§ 170a).

 

Rz. 4

In ihrem Amt haben die ehrenamtlichen Richter die gleichen Rechte wie die Berufsrichter (§ 19 Abs. 1). Sie dürfen in der Übernahme und Ausübung ihres Amtes nicht beschränkt oder wegen ihres Amtes benachteiligt werden (§ 20 Abs. 1). Dieser Schutz geht soweit, dass ein Zuwiderhandeln als Straftat gewertet wird und die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ermöglicht. Ihre Beteiligung an der Rechtsfindung verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Dies gilt auch, soweit den ehrenamtlichen Richtern in der ersten Instanz ein Übergewicht zuerkannt worden ist, da die Kammern der Sozialgerichte mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt sind (BVerfG, Beschluss v. 17.12.1969, 2 BvR 271, 342/68). Durch das Gesetz zur Änderung der Bezeichnung der Richter und ehrenamtlichen Richter v. 26.5.1972 (BGBl. I S. 841) sind die Amtsbezeichnungen "Sozialrichter, Landessozialrichter, Bundessozialrichter" weggefallen und ab 1.10.1972 durch den für alle Instanzen geltenden Begriff "ehrenamtlicher Richter" ersetzt worden.

 

Rz. 5

Da die personelle Besetzung der Gerichte primär Aufgabe des Staates ist, muss auch die Ernennung der ehrenamtlichen Richter durch den Staat erfolgen. Um diese staatliche Tätigkeit zu gewährleisten und ein Unterlaufen durch andere zu verhindern, müssen die Vorschlagslisten derart umfangreich sein, dass eine tatsächliche Auswahl durch die staatlichen Stellen erfolgen kann. Dies wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn die Listen die 1,5-fache Zahl der zu ernennenden ehrenamtlichen Richter enthalten. Die zuständigen staatlichen Stellen können aber auch eine Ergänzung der Vorschlagslisten verlangen. Da die staatlichen Stellen an die Listen nicht gebunden sind (BVerfG, Beschluss v. 9.12.1985, 1 BvR 853/85), können sie auch andere als die vorgeschlagenen Personen zu ehrenamtlichen Richtern ernennen, wenn die Vorschlagsberechtigten keine Vorschlagslisten einreichen oder sie trotz Aufforderung nicht ergänzen.

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