Zusammenfassung

 
Begriff

Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte aus schutzwürdigen Gründen an der Beitragszahlung gehindert waren, die jedoch für

  • die Wartezeit von 35 Jahren,
  • bestimmte Anspruchsvoraussetzungen und
  • die Rentenberechnung

berücksichtigt werden. Zeiten der Arbeitslosigkeit und Ausbildungssuche können als Anrechnungszeiten anerkannt werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit und Ausbildungsuche sind geregelt in § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Nr. 3a und Nr. 6 SGB VI. Sonderregelungen finden sich in § 252 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 Nr. 3, Abs. 8, Abs. 9 und § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI.

1 Arbeitslosigkeit

1.1 Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit

Versicherte erhalten Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeiten gutgeschrieben, wenn sie

  • bei einer deutschen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet waren. Die Meldung muss bei der für den Versicherten örtlich zuständigen Arbeitsagentur erfolgt sein. Dort "angesiedelte" Fachvermittlungseinrichtungen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen als Arbeitsagenturen anzusehen;
  • eine öffentlich-rechtliche Leistung (insbes. Arbeitslosengeld, Bürgergeld [seit 2023], Arbeitslosengeld II [bis 2022], Arbeitslosenhilfe [bis 2004], Sozialhilfe [bis 2004]) bezogen oder nur wegen Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben.

Zeiten einer Arbeitslosigkeit können – allerdings nur in Ausnahmefällen – auch nach Eintritt von teilweiser Erwerbsminderung (Berufsunfähigkeit) oder voller Erwerbsminderung (Erwerbsunfähigkeit) Anrechnungszeiten sein.

 
Hinweis

Regelung für Ruhenszeiten

Keine Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen das Arbeitslosengeld

  • wegen eines Streiks[1] oder
  • weil ein Altersrentenantrag trotz Aufforderung nicht gestellt wurde[2] oder
  • wegen einer Sperrzeit

geruht hat.

[2] § 428 Abs. 2 SGB III.

1.2 Unterbrechungserfordernis

Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit liegen grundsätzlich nur dann vor, wenn sie

  • eine (pflicht)versicherte Beschäftigung oder
  • eine selbstständige Tätigkeit oder
  • einen versicherten Wehr- oder Zivildienst oder
  • ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 EinsatzWVG.

unterbrochen haben.[1] Diese Voraussetzung ist bei einem Rentenbeginn seit 1.1.2002 für die nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegenden Zeiten nicht erforderlich.

"Unterbrochen haben" bedeutet nicht, dass sich die Arbeitslosigkeit nahtlos anschließt. Es reicht aus, wenn sie bis zum Ende des Monats beginnt, der auf die Beschäftigung/Tätigkeit oder den Wehr- oder Zivildienst oder das versicherte Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 EinsatzWVG folgt. Ansonsten liegt eine Anrechnungszeit nicht vor. Arbeitslosenzeiten vor 1992 müssen darüber hinaus in den Fällen des § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB VI mindestens einen Kalendermonat gedauert haben. Das bezieht sich insbesondere auf Arbeitslose, die allein wegen ihres Einkommens oder Vermögens keine öffentlich-rechtliche Leistung erhalten haben.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung von Anrechnungszeiten

a)

Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung

 
Versicherte Beschäftigung bis zum 3.4.2012
a) Arbeitslosigkeit ab 31.5.2012
  Versicherte Beschäftigung ist unterbrochen.
(Arbeitslosigkeit beginnt bis zum Ende des Folgemonats)
 
b) Arbeitslosigkeit ab 1.6.2012
  Versicherte Beschäftigung ist nicht unterbrochen.
(Arbeitslosigkeit beginnt erst mit dem übernächsten Kalendermonat, daher keine Anrechnungszeit)
 
b)

Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens einem Kalendermonat

 
a) Zeitraum der Arbeitslosigkeit vom 3.6.1991–30.7.1991
  Arbeitslosigkeit hat keinen vollen Kalendermonat gedauert, folglich keine Wertung als Anrechnungszeit.  
b) Zeitraum der Arbeitslosigkeit vom 3.6.1991–1.8.1991
  Arbeitslosigkeit hat einen vollen Kalendermonat (Juli 1991) gedauert und ist folglich vom Beginn an Anrechnungszeit.  

1.3 Besonderheiten

Hat die Bundesagentur für Arbeit für Bezieher von Arbeitslosen- oder Übergangsgeld bei Befreiung von der Rentenversicherungspflicht Beiträge im Rahmen von § 207 SGB III an

  • eine Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung,
  • ein Versicherungsunternehmen oder
  • den Leistungsbezieher selbst

gezahlt, liegt keine Anrechnungszeit vor.[1]

Das betrifft Versicherte, die sich

  • als Höherverdienende oder
  • weil sie Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind[2],

von der Rentenversicherungspflicht haben befreien lassen.

Für Versicherte, die wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II (bis Ende 2010), Arbeitslosenhilfe, Unterhalts- oder Übergangsgeld rentenversicherungspflichtig waren, gilt Folgendes:

  • Rentenbeginn seit 2002

    Zeiten des Sozialleistungsbezugs sind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Anrechnungszeiten und zugleich Beitragszeiten. Das bedeutet, dass sie bei der Rente als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt werden.[3] Nach dem 25. Lebensjahr liegende Zeiten des Sozialleistungsbezugs sind keine Anrechnungszeiten sondern ausschließlich Beitragszeiten.

  • Rentenbeginn vor 2002

    Zeiten des Sozialleistungsbezugs sind keine Anrechnungszeiten. Das bezieht sic...

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