Aufbewahrungspflicht liegt beim Gerichtsvollzieher

Zunächst ergibt sich aus § 885 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 S. 1 ZPO, dass der Gerichtsvollzieher alle bei einer Räumung noch vorhandenen beweglichen Gegenstände, wozu auch aufbewahrungspflichtige Unterlagen gehören, wegschafft und dann mindestens einen Monat aufzubewahren hat.

Veräußerung nach Fristablauf

Fordert der Schuldner die Sachen sodann nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung ab, ist der Gerichtsvollzieher nach § 885 Abs. 4 S. 1 ZPO grundsätzlich ermächtigt, die Sachen zu veräußern und den Erlös zu hinterlegen. Der Gerichtsvollzieher veräußert die Sachen und hinterlegt den Erlös auch dann, wenn der Schuldner die Sachen binnen einer Frist von einem Monat abfordert, ohne allerdings binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung die Kosten zu zahlen. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden.

Aber: unzulässige Veräußerung, Verwertung und Vernichtung

Unterlagen, die – etwa nach § 147 AO oder § 257 HGB – aufbewahrungspflichtig sind, dürfen allerdings weder veräußert noch vernichtet werden. Eine andere Verfahrensweise könnte sogar eine Strafbarkeit nach 283 Nr. 6 StGB begründen. Dass die Unterlagen weiter aufzubewahren sind, sagt aber weder etwas darüber aus, wer diese weiter aufzubewahren hat, noch wer die damit verbundenen Kosten tragen muss.

BGH hat die Frage schon entschieden

Der BGH hat bereits 2008 (FoVo 2008, 167) entschieden, dass es sich bei den Kosten, die nach Ablauf der zweimonatigen Aufbewahrungsfrist des § 885 Abs. 4 S. 1 ZPO für die weitere Einlagerung der dem Vollstreckungsschuldner gehörenden aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen entstehen, nicht um notwendige Zwangsvollstreckungskosten handelt, für die der Vollstreckungsgläubiger nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GVKostG als Kostenschuldner einzustehen hat. Vielmehr muss das Vollstreckungsgericht entscheiden, ob die Unterlagen auf Staatskosten weiter aufbewahrt werden oder aber vernichtet werden können. Mit der zweimonatigen Aufbewahrungsfrist endet die Zwangsvollstreckung und damit grundsätzlich auch die Verantwortlichkeit des Gläubigers. Nach dem BGH ist allenfalls noch ein kurzer – fiktiver – Zeitraum hinzuzurechnen, den der Gerichtsvollzieher benötigt hätte, um die Gegenstände zu veräußern.

Kosten, die der Gläubiger zu tragen hat

Die Kosten der Zwangsvollstreckung hat nach § 788 ZPO der Schuldner zu tragen. Ungeachtet dessen ist der Schuldner gegenüber dem Gerichtsvollzieher nur neben dem Gläubiger als Auftraggeber als Kostenschuldner verantwortlich. Das ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GvKostG. Der Gläubiger ist als Auftraggeber Veranlassungsschuldner gegenüber dem Gerichtsvollzieher und trägt das Risiko, dass er die Kosten vom Schuldner erstattet bekommt. Zu tragen hat er grundsätzlich die Kosten der Wegschaffung des beweglichen Räumungsgutes sowie die Kosten der Einlagerung für die Aufbewahrungszeit nach § 885 Abs. 4 ZPO.

 

Hinweis

Der GV muss dafür Sorge tragen, dass keine überhöhten Transportkosten entstehen (LG Frankfurt DGVZ 1972, 136). Lagerkosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, können vom Gläubiger nicht verlangt werden (LG Berlin DGVZ 1975, 42). Gleiches gilt für Lagerkosten, die bei möglicher Verwahrung im Pfandlokal nicht entstanden wären (Hamburg MDR 1966, 933 = NJW 1966, 2319). Gerade Unterlagen könnten dort sehr leicht eingelagert werden, wenn es nicht sehr viele sind. Lagerkosten, die durch Verzögerung der Verwertung (Abs. 4) entstehen, hat der Gläubiger ebenfalls nicht zu tragen (vgl. insgesamt Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 885 ZPO Rn 30).

Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo 8/2017, S. 148 - 149

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