Rz. 8

Das Rechtsverhältnis zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker ist geprägt von den Regelungen in § 2218 BGB. Auch wenn dort auf die Regelungen des Auftragsrechts verwiesen wird, besteht zwischen den Beteiligten kein Auftragsverhältnis, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis sui generis. Rechtstechnisch gesehen ist der Testamentsvollstrecker weder Beauftragter des Erblassers noch der Erben.

 

Rz. 9

Die Aufgaben und Befugnisse des Testamentsvollstreckers als Treuhänder ergeben sich aus dem Testament und den Regelungen in §§ 2203 bis 2207 BGB. Da der Testamentsvollstrecker gegenüber den Erben eine selbstständige Stellung innehat und er im eigenen Namen und aus eigenem Recht handelt, ist er als Verwalter des Nachlasses weisungsunabhängig. Insbesondere ist er berechtigt, über Nachlassgegenstände zu verfügen, § 2205 Satz 2 BGB, bestimmte Verbindlichkeiten einzugehen, § 2206 BGB, und den Nachlass betreffende Prozesse zu führen, §§ 2212, 2213 BGB. Für den Testamentsvollstrecker sind dabei wiederum nur die Anordnungen des Erblassers bindend.

Durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ist dem Erben als Eigentümer und eigentlichem Herrn des Nachlasses gemäß § 2211 Abs. 1 BGB die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Erbschaft, also den Nachlass bzw. einzelne Nachlassgegenstände, entzogen worden, soweit die Testamentsvollstreckung reicht. Dies bedeutet auch, dass der Erbe selbst verfügen kann, wenn der Testamentsvollstrecker wegen einer Interessenkollision bzw. des Verbots des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) an einer Verfügung gehindert ist und keine Ersatztestamentsvollstreckung angeordnet ist.

In den Grenzen der Testamentsvollstreckung ist eine Verfügung des Erben aber gegenüber jedem (schwebend) unwirksam und kann den Nachlass nicht verpflichten. Genehmigt der Testamentsvollstrecker die Verfügung nicht, wird der Erbe mithin persönlich verpflichtet.

Ein gutgläubiger Erwerb ist jedoch gemäß § 2211 Abs. 2 BGB möglich, und ein Dritter kann analog § 932 BGB Eigentum vom Erben als Berechtigten erwerben, da der Erbe ja trotz der Ernennung eines Testamentsvollstreckers Rechtsträger des Nachlasses bleibt.

3.1 Verhältnis Testamentsvollstreckung und Vollmachtserteilung

 

Rz. 10

Neben der Anordnung der Testamentsvollstreckung steht es dem Erblasser selbstverständlich frei, transmortale oder postmortale Vollmachten zu erteilen. Diese stehen grundsätzlich gleichwertig neben der angeordneten Testamentsvollstreckung. Für den Fall des parallelen Bestehens einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung und einer postmortalen Vollmacht hat der BGH[1] nunmehr entschieden, dass hier eine sorgfältige Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des "wirklichen" Erblasserwillens vorzunehmen ist. Der Wille des Erblassers kann sich nämlich zwischen dem Zeitpunkt der Abfassung der letztwilligen Verfügung und der Erteilung einer post- oder transmortalen Vollmacht durchaus geändert haben, mit der Konsequenz, dass formal betrachtet inhaltlich einander widersprechende Verfügungen des Erblassers jeweils Gültigkeit besitzen würden.

Kommt es jedoch zu konkreten Kompetenzkonflikten, so ist im Zweifel wohl von einem Vorrang der Testamentsvollstreckung auszugehen, da eine vom Erblasser erteilte Vollmacht durch die Erben jederzeit widerrufen werden kann. Widerruft nur ein Miterbe, bleibt die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten für die übrigen Erben bestehen, er verliert jedoch die alleinige Vertretungsbefugnis.

[1] BGH, Beschluss v. 14.9.2022, IV ZR 34/21, zu einem Sachverhalt, in dem der Erblasser mehrere Testamentsvollstrecker gleichzeitig für verschiedene Aufgabenkreise bestimmt hatte, wobei die Beschwerdeführerin zusätzlich auch postmortal generalbevollmächtigt war.

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