RVG VV Nrn. 3101 Nr. 2, 3104

Leitsatz

  1. Haben die Parteien in einem Prozessvergleich die Kosten des Rechtsstreits und die des Vergleichs gesondert geregelt, so erstreckt sich die für den Vergleich vereinbarte Kostenaufhebung auch auf die Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV.
  2. Auch die Terminsgebühr ist dann nicht aus dem höheren Vergleichswert, sondern nur aus dem Wert der rechtshängigen Klageforderung zu erstatten.

OLG Köln, Beschl. v. 6.10.2009–17 W 26/09

1 Sachverhalt

Mit seiner Klage begehrte der Kläger Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 5.100,00 EUR. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte 14.000,00 EUR an den Kläger zahlt. Dabei wurden weitere, nicht rechtshängige Ansprüche des Klägers einbezogen. Nach der Kostenentscheidung im Vergleich hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, die gegeneinander aufgehoben wurden.

Zur Festsetzung angemeldet hat der Kläger u.a. eine 0,8-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV nach einem Streitwert von 8.900,00 EUR (14.000,00 EUR – 5.100,00 EUR) i.H.v. 296,40 EUR sowie eine 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV nach einem Gegenstandswert von 14.000,00 EUR i.H.v. 679,20 EUR.

Abgesetzt hat die Rechtspflegerin die erstgenannte Position. Bezüglich der Terminsgebühr hat sie lediglich eine solche nach einem Wert von 5.100,00 EUR i.H.v. 405,60 EUR zur Festsetzung gebracht. Zur Begründung hat sie angeführt, bei den darüber hinaus zur Festsetzung beantragten Positionen handele es sich um Kosten, die allein durch den Abschluss des Vergleichs entstanden seien, so dass sie angesichts der Kostenregelung hinsichtlich der Kosten des Vergleichs nicht festsetzungsfähig seien. Die unter die Kosten des Vergleichs fallenden Kosten beschränkten sich nicht nur auf die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV, sondern erfassten alle Kosten, die allein aufgrund des Vergleichs entstanden seien.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel. Er verweist hierzu auf die Rspr. des BGH (Beschl. v. 22.2.2007 – VII ZB 101/06, AGS 2007, 341 = NJW-RR 2007, 1149 = MDR 2007, 918), wonach bei einer Einigung der Parteien im Vergleichswege, die vom Gericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wird, die Terminsgebühr zu den Kosten des Rechtsstreit gehört, auch wenn die Parteien die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben haben.

Die Beklagte tritt der Auffassung der Rechtspflegerin bei. Dieser hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin die Festsetzung der Verfahrensdifferenzgebühr sowie einer Terminsgebühr nach einem Streitwert von 14.000,00 EUR unter Hinweis auf die von den Parteien im Vergleich getroffene Regelung der Kosten des Vergleichs abgelehnt (s. hierzu: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 3100 VV Rn 176 f. m. w. Nachw.).

1.  Der Umfang der Kostenerstattung richtet sich nach der Vereinbarung der Parteien im Vergleich. Es ist deshalb streng dahingehend zu unterscheiden, welche Gebühren einerseits entstanden und welche Gebühren andererseits vom unterlegenen Prozessgegner zu erstatten sind. Da vorliegend die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben zu gelten haben, d.h. jede Partei die Kosten insoweit selbst zu tragen hat und ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner insoweit ausscheidet, sind die allein durch den Vergleich entstandenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig. Schon unter der Geltung der BRAGO war es herrschende Meinung, dass in Fällen wie dem vorliegenden die Prozessdifferenzgebühr gem. § 32 Abs. 2 BRAGO den Kosten des Vergleichs zuzurechnen und bei Kostenaufhebung gegeneinander nicht erstattungsfähig war (OLG München JurBüro 1998, 86; OLG Hamm JurBüro 1998, 544; OLG Hamburg JurBüro 2000, 205; OLG Köln JurBüro 2001, 192; Mümmler, JurBüro 1997, 355). Für die an die Stelle der Prozessdifferenzgebühr getretene Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV kann nichts anderes gelten. Denn diese wird allein durch den Vergleichsschluss ausgelöst. Nach der seitens der Parteien wegen der Vergleichskosten getroffenen Kostenregelung sollen aber alle durch den Vergleich veranlassten (Mehr-)Kosten, also nicht nur die Einigungsgebühr einer Erstattung nicht zugänglich sein. Anders kann die von den Parteien insoweit gewählte Regelung bei einer objektivierten, am Empfängerhorizont einer durchschnittlichen Prozesspartei durchgeführten Auslegung nicht verstanden werden, §§ 133, 157 BGB analog (ebenso: OLG München AGS 2006, 725 = Rpfleger 2006, 572 = FamRZ 2006, 1695 = JurBüro 2006, 598; OLG Koblenz AGS 2007, 367 = JurBüro 2007, 138 = OLGR 2007, 431). Die Verfahrensgebühr wäre im vorliegenden Fall aber ohne die Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche in den Vergleich nicht entstanden. Wenn die Parteien ihre Vereinbarung anders verstanden wissen wollten, hätten sie dies d...

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