Rz. 115

Leichnam ist der "entseelte menschliche Körper bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilen durch den natürlichen Verwesungsprozess oder einem diese gleichzustellende Vernichtungsart (z.B. Verbrennung) aufgehoben ist, sowie der zu wissenschaftlichen Zwecken zerlegte menschliche Körper, solange die Absicht einer gemeinsamen Bestattung der einzelnen Teile in der herkömmlichen Weise" besteht.[141] Auch wenn der menschliche Leichnam als Sache i.S.d. § 90 BGB angesehen wird,[142] können an ihm weder Eigentum noch sonstige dingliche Rechte begründet werden.[143] Daher ist weder der Leichnam noch seine Asche Bestandteil des Nachlasses.[144] Es ist lediglich möglich, an einem Leichnam Gewahrsam zu begründen, und hieraus resultiert auch zugleich die Pflicht, für dessen ordnungsgemäße Verwahrung und Bestattung zu sorgen.[145] Ansonsten aber ist der Leichnam, wie auch die Leichenteile, dem Rechtsverkehr entzogen.[146]

 

Rz. 116

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird allerdings darin gesehen, dass es das Familienrecht in seiner Ganzheit den Angehörigen nicht nur gestattet (und sie auch verpflichtet), den Leichnam ordentlich zu bestatten, sondern auch, Einwirkungen Dritter auf den Leichnam auszuschließen und notfalls abzuwehren.[147] Dieses Recht, Einwirkungen Dritter auszuschließen und abzuwehren, ist ein privatrechtliches Recht, das im ordentlichen Rechtsweg, z.B. im Wege der Unterlassungs- oder Herausgabeklage, durchgesetzt werden kann.[148] Die Angehörigen können also insbesondere die Herausgabe des Leichnams von jedem Dritten verlangen, der ihnen den Leichnam widerrechtlich vorenthält (analog zu § 1632 BGB).[149] Will der Dritte hiergegen Einwendungen vorbringen, so kann er sich lediglich auf den "deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Verstorbenen" stützen.[150]

[141] Gaedke, S. 213 Rn 19 m. Verweis auf v. Schwerin, Das Recht am Leichnam, 1903, S. 658.
[142] Bieler, JR 1976, 224 ff.
[143] Gaedke, S. 232 Rn 21.
[144] Goertz, in: Kurze/Goertz, § 4 Rn 1.
[145] Gaedke, S. 232 Rn 21 f.
[146] Gaedke, S. 232 Rn 21 f.
[147] Gaedke, S. 232 Rn 21 f.
[148] RGZ 108, 211.
[149] Gaedke, S. 233 Rn 22.
[150] KG Berlin, Urt. v. 14.11.1983 – 24 U 2950/83, n.v.

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