Rz. 285

Anhaltspunkt für die Wertbestimmung der Vorsorgevollmacht im Bereich der Vermögenssorge ist das Aktivvermögen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Vorsorgevollmacht im Innenverhältnis auf die Zeit der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers beschränkt ist, so dass im Gegensatz zur sofort einsetzenden Generalvollmacht ein Wertabzug vorzunehmen ist. Es ist insoweit zu berücksichtigen, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Vollmacht mangels Eintritt des Vorsorgefalls nicht gebraucht werden wird. Die Höhe des Wertabzugs kann je nach den Umständen des Einzelfalls zwischen 30 % und 50 % betragen.[391]

Bei der Wertbestimmung einer Vorsorgevollmacht sind auch die Werte für die nichtvermögensrechtlichen Gegenstände, wie z.B. die Regelung der Gesundheitssorge und die Aufenthaltsbestimmung, zu bewerten und zusammenzurechnen, § 22 Abs. 1 RVG.

 

Rz. 286

Der Wert der Regelung der nichtvermögensrechtlichen Gegenstände Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung im Rahmen der Vorsorgevollmacht, aber auch bei einer Patientenverfügung, ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung tatsächlicher Anhaltspunkte ist der Gegenstandswert mit 5.000 EUR, nach Lage des Einzelfalls niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 EUR anzunehmen.

Wird neben dem Außenverhältnisses der Vorsorgevollmacht auch das Innenverhältnis mitgeregelt, erhöht diese Regelung nach § 22 Abs. 1 RVG den Gegenstandswert der Vorsorgeregelung. Bei umfassender vertraglicher Regelung des Innenverhältnisses kann derselbe Wert wie bei der Gestaltung des Außenverhältnisses wiederum unter Wertabschlag der Honorarrechnung zugrunde gelegt werden. Bei einer vollständigen Vorsorgeregelung, Vollmachtsgestaltung und Gestaltung des Auftrags bzw. Geschäftsbesorgungsvertrages und einem Abschlag von jeweils 50 % vom Aktivvermögen für die Regelung des Innen- und Außenverhältnisses wird bei der Berechnung der Anwaltsgebühren für die gesamte Vorsorgeregelung das Aktivvermögen des Mandanten letztlich zu 100 % zugrunde gelegt.

Zum Festlegen der Geschäftsgebühr nach freiem Ermessen im Rahmen von 0,5 bis 2,5 müssen nach § 14 Abs. 1 RVG berücksichtigt werden: Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und die besonderen Haftungsrisiken des Anwalts. Eine Gebühr über dem 1,3-fachen kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Insbesondere wenn die Fragen der Ausübung der Vollmacht nicht nur mit dem Vollmachtgeber, sondern auch mit dem Bevollmächtigten und/oder Kontrollbevollmächtigten eingehend besprochen und sowohl Innen- als auch Außenverhältnis vertraglich geregelt werden, wird man grundsätzlich zumindest von einer umfangreichen und nach Einzelfall auch schwierigen Tätigkeit und damit von einer Erhöhung der Gebühr bis zum 2,5-fachen ausgehen können.

Wenngleich die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Erstellung von Vorsorgeregelungen und der weiteren Betreuung des Mandanten mit der bloßen notariellen Beurkundung entsprechender Urkunden nicht vergleichbar ist, wird der Mandant regelmäßig einen entsprechenden Vergleich anstellen. Dabei müssen für den Mandanten der Unterschied und der Wert zwischen einer Vorsorgevollmacht beim Notar und der Vorsorgeregelung bei einem Rechtsanwalt klar erkennbar werden. Der Anwalt muss somit, um seinen Honoraranspruch transparent und nachvollziehbar dem Mandanten darzulegen, schon bei der Gestaltung der Vorsorgevollmacht deutlich machen, dass er mehr Leistungen als ein nur beurkundender Notar erbringen kann.

So sollte der Anwalt bei der Gestaltung der Vorsorgevollmacht den Mandanten vor der Gefahr der Einrichtung einer Kontrollbetreuung durch das Betreuungsgericht und damit die staatliche Kontrolle durch die Hintertür informieren. Der Anwalt sollte seine Dienste über die Erstellung der Vorsorgeregelungen hinaus deutlich herausarbeiten, so z.B. als anwaltlicher Vorsorgebevollmächtigter oder Kontrollbevollmächtigter. Der anwaltliche Berater muss zudem seine Kompetenz in betreuungsrechtlichen Fragen ebenso herausstellen wie seine tatsächliche Kompetenz bei der Auswahl von Pflegedienstleistern, Alten- und Pflegeheimen etc. Insoweit kann eine dauerhafte Beraterfunktion dem Mandanten und seinen Angehörigen angeboten werden. Bei der Regelung des Grundverhältnisses der Vollmacht müssen die Wünsche des Mandanten für den Fall seiner Handlungsunfähigkeit eingehend besprochen und vertraglich festgehalten werden. In regelmäßigen Zeitabständen sollten diese Regelungen auf ihre Aktualität überprüft werden.

[391] Vossius, notar 2013, 383 f.

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