Rz. 74

Wird eine bestehende Versicherung mit allen Rechten und Pflichten auf den Ehegatten oder Abkömmlinge schenkweise übertragen, d.h. wird die Stellung als Versicherungsnehmer übertragen, findet die Bewertung der Kapitallebensversicherung nach § 12 Abs. 1 ErbStG, § 12 Abs. 4 BewG Anwendung. Danach ist Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer der Rückkaufswert. Bei dem Rückkaufswert handelt es sich um den Betrag, den das Versicherungsunternehmen im Falle einer vorzeitigen Aufhebung des Vertragsverhältnisses zu erstatten hätte. Da dieser Rückkaufswert vielfach niedriger sein wird als der Marktwert der Versicherung im Zeitpunkt der Auszahlung aufgrund Eintritt des Versicherungsfalls, besteht eine gewisse Privilegierung der Übertragung solcher noch nicht fälliger Versicherungsansprüche.

 

Rz. 75

Wichtig bei der Gestaltung der lebzeitigen Übertragung einer Lebensversicherung ist, dass der Übernehmer der Lebensversicherung (neuer Versicherungsnehmer) mit der bezugsberechtigten Person identisch ist. Denn dann fällt im Erbfall bei Auszahlung der Versicherungssumme keine zusätzliche Erbschaftsteuer an. Der (neue) Versicherungsnehmer erhält die Versicherungssumme aufgrund seines eigenen Versicherungsvertrags aus eigenem Recht. Ein erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb vom Erblasser gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 ErbStG liegt somit nicht vor.[124]

 

Beispiel

Ehemann M möchte für den Fall seins Versterbens seine Ehefrau F absichern. M schließt im Jahr 2010 als Versicherungsnehmer mit der Versicherungsgesellschaft A einen Versicherungsvertrag über eine Kapitallebensversicherung auf sein Ableben. F ist bezugsberechtigt. Im Jahr 2022 überträgt M die Stellung als Versicherungsnehmer auf seine Ehefrau F. Sie bleibt weiterhin bezugsberechtigt. Ein Jahr später verstirbt M.

Lösung

F hat im Jahr 2022 den gesamten Lebensversicherungsvertrag erworben. Sie hat diesen Erwerb als freigebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern. Bemessungsgrundlage für den Wert des Erworbenen ist der Rückkaufswert. Der Todesfall von M im Jahr 2023 ist erbschaftsteuerlich irrelevant. F braucht die an sie ausgezahlte Versicherungssumme nicht der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

[124] Vgl. BeckOK ErbStG/Böing, ErbStG § 3 Rn 293.

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