Rz. 41

Zum anderen ist immer zu fragen, inwieweit eine Generalvollmacht auch zur Erteilung von Untervollmachten befugt. Ist dies im Rahmen einer Vorsorgevollmacht nicht ausdrücklich zugestanden, ist das im Zweifel auch nicht gewollt, weil es dem Vollmachtgeber gerade darauf ankommt, dass der Bevollmächtigte, dem er vertraut, persönlich seine Angelegenheiten wahrnimmt.[40]

Andererseits kann man argumentieren, dass das Interesse an umfassender Vertretung auch das Recht zur Erteilung einer Untervollmacht beinhaltet. Letztlich handelt es sich um eine Auslegungsfrage, weil z.B. schon die Beauftragung eines Steuerberaters zur Einlegung eines Einspruchs oder die Order an die Bank, Wertpapiere zu verkaufen, eine Unterbevollmächtigung beinhaltet. In Grenzfällen ist Zurückhaltung geboten, im Zweifel ist immer von einem geringeren Umfang der Vollmacht auszugehen.[41]

 

Rz. 42

Viele Vorsorgevollmachten enthalten aber eine ausdrückliche Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten. Dann müssen auch gegenüber dem Unterbevollmächtigten alle Rechte geltend gemacht werden.

Neben der Haftungsgefahr durch Unterbevollmächtigte, die nicht die Zuverlässigkeit des Hauptbevollmächtigten aufweisen, ist auch der Widerruf problematisch: nach einer weit verbreiteten und inzwischen vom OLG Köln[42] bestätigten Auffassung, endet die Untervollmacht nicht automatisch bei Erlöschen der Hauptvollmacht.[43] So kann der Bevollmächtigte sein Kind oder seinen Ehegatten zum Unterbevollmächtigten bestimmen und weiter verfügen lassen, kurz bevor ihm gegenüber die Vollmacht widerrufen wurde.

 

Hinweis

Die Erlaubnis zur Erteilung einer Untervollmacht lädt zu "fiesen Tricks" ein, denen der Vertreter des Vollmachtgebers bzw. dessen Erben in zweierlei Hinsicht begegnen sollte: Zum einen sollte der Hauptbevollmächtigte sofort zur Auskunft über Bestehen und Umfang von Unterbevollmächtigten aufgefordert werden. Zum anderen ist dem Hauptbevollmächtigten klarzumachen, dass er sich das Handeln weiterer Vertreter u.U. schuldrechtlich im Rahmen des Auftragsverhältnisses nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, wenn dort Missbrauch festzustellen ist.

Bekanntlich sind Verträge, die durch kollusives Zusammenwirken zum Schaden Dritter führen, sittenwidrig. Was also liegt näher, als Untervollmachten zu erteilen, um mit diesen Marionetten ein übles Geschäft zu tarnen? Der BGH[44] hat solcher Kreativität eine Absage erteilt und klargestellt, dass ein Fall einer sittenwidrigen Kollusion auch vorliegt, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter[45] einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit-)Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so ein Insichgeschäft verschleiert.

 

Tipp zur Vorbeugung

Soweit Untervollmachten erteilt werden dürfen, kann bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht an mehrere Bevollmächtigte im Innenverhältnis vorgesehen werden, dass die Mitbevollmächtigten vor jeder Unterbevollmächtigung in Kenntnis gesetzt werden müssen und im Fall eines Verstoßes gegen die Unterrichtungspflicht die Mitbevollmächtigten das Recht haben, die Untervollmacht zu widerrufen.

[40] So ausdrücklich in Bezug auf Unterbringung und Gesundheitssorge BayObLG BB 1993, 746.
[42] OLG Köln, Beschl. v. 16.3.2018 – 2 Wx 123/18, BeckRS 2018,4193, hier sogar für den Fall einer nach dem Tod des Erblassers widerrufenen Vorsorgevollmacht.
[43] Vgl. Schüle, BWNotZ 1984, 156 ff. m.w.N.
[45] Dieser Unterverteter war im entschiedenen Fall ironischerweise eine Rechtsanwältin.

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