Zusammenfassung

 
Begriff

Die Rechtsfigur der "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft" existiert seit Inkrafftreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 nicht mehr. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht bereits mit Anlage der Wohnungsgrundbücher als "Ein-Personen-Gemeinschaft". Für die Erwerber vom teilenden Eigentümer regelt § 8 Abs. 3 WEG ihre Fiktion als Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern, wenn sie einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer haben, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und ihnen der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

BGH, Urteil v. 14.2.2020, V ZR 159/19: Die Anwendung der Grundsätze über werdende Wohnungseigentümer setzt nicht voraus, dass es sich bei dem Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer um einen Bauträgervertrag handelt. Diese Grundsätze gelten vielmehr unabhängig davon, ob der Erwerbsvertrag eine Errichtungs-, Herstellungs- oder Sanierungsverpflichtung umfasst, für jeden Ersterwerb vom teilenden Eigentümer. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob ein solcher Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer während der eigentlichen Vermarktungsphase oder erst längere Zeit nach deren Abschluss erfolgt.

KG Berlin, Beschluss v. 3.5.2018, 1 W 370/17: Die Ausnahme vom Zustimmungserfordernis nach § 12 WEG "der ersten Veräußerung nach Teilung" erfasst nicht eine (erneute) Veräußerung durch eine Person, in deren Hand sich nach den Erstveräußerungen sämtliche Wohnungseigentumsrechte vereinigt haben. Soll die Verwalterzustimmung durch die Zustimmungserklärung der übrigen Eigentümer ersetzt werden, haben auch die sog. werdenden Wohnungseigentümer zuzustimmen.

LG Itzehoe, Urteil v. 10.4.2018, 11 S 129/15: Mit der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft verliert der Bauträger seine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis. Sofern er auf Veranlassung eines künftigen Wohnungseigentümers eine Änderung am Gemeinschaftseigentum vornimmt, handelt es sich dabei um eine bauliche Veränderung nach § 20 Abs. 1 WEG. Der Erwerber von Wohnungseigentum, der mit dem teilenden Bauträger eine partiell planwidrige Errichtung der Wohnungseigentumsanlage vereinbart, ist weder mittelbarer Handlungsstörer noch Zustandsstörer.

AG München, Urteil v. 9.6.2017, 481 C 3768/17 WEG: Ist die Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden, kann ein Zweiterwerber erst Mitglied der Eigentümergemeinschaft werden, wenn er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.

LG München I, Beschluss v. 5.5.2017, 36 T 6636/17: Auch ein werdender Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf ordnungsgemäße und gesetzesgemäße Verwaltung. Dazu gehört auch rechtlich einwandfreies Vorgehen bei der Herbeiführung einer Eigentümerversammlung und ihrer Leitung. Die Wohnungseigentümer haben auch einen Anspruch auf Unterbindung der Herbeiführung und Durchführung einer Eigentümerversammlung, die nicht im Einklang mit Gesetz und Recht steht. Sie müssen nicht sehenden Auges das Zustandekommen einer Eigentümerversammlung hinnehmen, die den rechtlichen Vorgaben nicht genügt.

BGH, Urteil v. 24.7.2015, V ZR 275/14: Ein werdender Wohnungseigentümer bleibt auch dann Mitglied des Verbands, wenn er die Einheit unter Abtretung des vorgemerkten Übereignungsanspruchs und Besitzübertragung veräußert. Der Erwerber ist nicht als werdender Wohnungseigentümer anzusehen.

BGH, Beschluss v. 5.6.2008, V ZB 85/07: Die Erwerber, für die eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und denen der Besitz an der erworbenen Wohnung übergeben worden ist, sind verpflichtet, entsprechend § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen.

 
Die häufigsten Fallen
  1. Anwendung des WEG

    Sobald die Eigentümergemeinschaft entstanden ist, sind die Bestimmungen des WEG auch auf nach § 8 Abs. 3 WEG fingierte Wohnungseigentümer anzuwenden.

  2. Ausnahme: Unmittelbare Teilhaftung

    Die werdenden Wohnungseigentümer unterliegen nicht der Bestimmung des § 9a Abs. 4 WEG über die auf ihren Miteigentumsanteil beschränkte Teilhaftung der Wohnungseigentümer, soweit es sich bei den Gläubigern des Anspruchs um außenstehende Dritte handelt.

  3. Aufgepasst bei Zweiterwerb

    Ein Zweiterwerber, der noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, hat nicht die Stellung eines werdenden Eigentümers, also insbesondere kein eigenes Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung. Nicht er, sondern der veräußernde Ersterwerber ist u. a. zur Hausgeldzahlung verpflichtet.

1 Entstehung der Gemeinschaft

Wie § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG klarstellt, entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Die weitere Klarstellung, dass dies auch im Fall des § 8 WEG gilt, hat den Hintergrund, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft im recht seltenen Fall der Begründung von Wohnungseigentum durch Vertrag nach § 3 WEG i. d. R. bereits mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht, da die Vertragsparteien sogleich als Eig...

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