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BGH Urteil vom 28.05.2008 - VIII ZR 126/07

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete. Mieter. Vorkaufsrecht. Realteilung. Aufteilung in Wohnungseigentum. Kündigungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Die für die Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnräumen geltenden Bestimmungen der §§ 577, 577a BGB (Vorkaufsrecht des Mieters, Kündigungsbeschränkungen zu Lasten des Erwerbers) finden auf die Realteilung eines mit zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhäusern bebauten Grundstücks entsprechende Anwendung.

 

Normenkette

BGB §§ 577, 577a

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 23.02.2007; Aktenzeichen 63 S 287/06)

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 30.05.2006; Aktenzeichen 4 C 5/06)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 04.04.2011; Aktenzeichen 1 BvR 1803/08)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der Zivilkammer 63 des LG Berlin vom 23.2.2007 aufgehoben und das Urteil des AG Schöneberg vom 30.5.2006 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin für den Fall des erstmaligen Verkaufs des Reihenhauses Z. Straße in B. vorkaufsberechtigt ist und dass die Klägerin für den Fall des Verkaufs des Reihenhauses Z. Straße in B. Kündigungsschutz nach Maßgabe des § 577a BGB genießt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

[1] Die Klägerin ist Wohnraummieterin des Reihenhauses Z. Straße in B. Eigentümer der dortigen Reihenhaussiedlung ("L. Siedlung") war bei Abschluss des Mietvertrages das Land B., später die G. -Bau AG, die kurzzeitig die Aufteilung der Siedlung in Wohnungseigentum beabsichtigte. Seit 4.3.2005 ist die Beklagte Eigentümerin der ungeteilten Grundstücke der "L. Siedlung". Im Verlaufe des Jahres 2005 zeigte die Klägerin Interesse am Kauf des von ihr bewohnten Reihenhauses. Entsprechende Gespräche wurden nicht fortgesetzt, da die Beklagte Kontakt mit einem Kapitalanleger aufgenommen hatte. Die Beklagte möchte die "L. Siedlung" in Einzelgrundstücke real aufteilen. Im Hinblick darauf hat die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben, dass ihr an dem von ihr bewohnten Reihenhaus ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB zustehe und dass sie im Falle eines Verkaufs Kündigungsschutz nach § 577a BGB genieße.

[2] Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

[3] Das Berufungsgericht hat auf das angefochtene Urteil des AG Bezug genommen. Danach ist das Klagebegehren zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehe auch nach Aufteilung in Realeigentum und Veräußerung des Grundstücks weder ein Vorkaufsrecht noch ein besonderer Kündigungsschutz zu. Die Vorschriften der §§ 577, 577a BGB seien nicht unmittelbar anwendbar, weil nach der Überlassung (Vermietung) des Reihenhauses weder Wohnungseigentum begründet worden noch dies beabsichtigt sei. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften komme nicht in Betracht. Eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke, die Voraussetzung für eine analoge Anwendung der Vorschriften wäre, liege nicht vor; auch sei bei Reform des früheren § 570b BGB eine Korrektur durch den Gesetzgeber in diesem Punkt nicht vorgenommen worden.

II.

[4] Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[5] 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Feststellungsanträge ausgegangen. Angesichts der beabsichtigten Realteilung der "L. Siedlung" und der von der Beklagten aufgenommenen Verkaufsgespräche mit einem Investor hat die Klägerin ein rechtliches Interesse (§ 256 ZPO) an der Feststellung des von ihr behaupteten Vorkaufsrechts und besonderen Kündigungsschutzes.

[6] 2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass eine direkte Anwendung der §§ 577, 577a BGB ausscheidet, weil die genannten Vorschriften die Begründung von Wohnungseigentum voraussetzen, die von der Beklagten nicht beabsichtigt ist. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber eine entsprechende Anwendung der Vorschriften verneint.

[7] a) Voraussetzung einer entsprechenden Anwendung einer Vorschrift ist eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, die im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. insgesamt BGHZ 149, 165, 174 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

[8] Durch §§ 570b, 564b BGB a.F. sind das bereits im Bereich des sozialen Wohnungsbaus bestehende Vorkaufsrecht und der besondere Kündigungsschutz des Mieters einer in Wohneigentum umgewandelten Wohnung auf den nicht geförderten oder bindungsfrei gewordenen Bestand ausgedehnt worden. Der Gesetzgeber hat dies damit begründet, dass der Schutz des Mieters vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit einer Umwandlung bei frei finanziertem Wohnungsbau nicht weniger dringlich ist als bei Sozialwohnungen (BT-Drucks. 12/3254, 40). Mit den §§ 577, 577a BGB ist im Zuge der Mietrechtsreform im Jahre 2001 die bis dahin geltende Regelung - unter Erweiterung des Kreises der begünstigten Personen - im Wesentlichen übernommen worden. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber dabei bedacht hat, dass vermietete Reihenhäuser eines Gesamtgrundstücks nicht nur in Eigentumswohnungen umgewandelt, sondern auch durch Realteilung des Gesamtgrundstücks in einzelne selbständige Grundstücke aufgeteilt werden können. Es kann daher nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe den Mieter zwar bei Umwandlung in Wohnungseigentum schützen wollen, bewusst aber nicht bei realer Teilung eines Gesamtgrundstücks.

[9] b) Die Interessenlage ist in beiden Fällen der Rechtsänderung (Umwandlung in Wohnungseigentum einerseits, Realteilung eines Grundstücks andererseits) im Wesentlichen gleich. Aus der Sicht des Mieters macht es keinen Unterschied, ob das von ihm gemietete Reihenhaus in Wohnungseigentum umgewandelt oder durch reale Teilung Bestandteil eines selbständigen Grundstücks wird. In beiden Fällen steht dem Mieter nach einem Verkauf ein neuer Vermieter gegenüber, der sich - soweit die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind - auf Eigenbedarf berufen könnte. Auch das Interesse des Mieters, durch Ausübung eines Vorkaufsrechts selbst Eigentümer zu werden, ist im Falle einer Realteilung nicht geringer als im Falle einer Umwandlung in Wohnungseigentum. Interessen des Eigentümers eines Gesamtgrundstücks rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Zwar sind Ausnahmevorschriften grundsätzlich eng auszulegen; auch wird durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der §§ 577, 577a BGB das Eigentumsrecht des Vermieters berührt. Der Gesetzgeber hat indessen für den Fall der Umwandlung vermieteten Wohnraums in Wohnungseigentum mit der Schaffung der Schutzbestimmungen der §§ 577, 577a BGB den Interessen des Mieters Vorrang eingeräumt. Sachliche Gründe, die dafür sprechen könnten, dass Mieter diesen Schutz nicht genießen sollten, sofern nicht eine Umwandlung in Wohnungseigentum erfolgt, sondern durch Teilung selbständige Grundstücke gebildet werden, sind nicht zu erkennen.

III.

[10] Nach den vorstehenden Ausführungen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die von der Klägerin begehrten Feststellungen sind in Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils zu treffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2011980

NJW 2008, 2257

NWB 2008, 3270

BGHR 2008, 1054

EBE/BGH 2008

MittBayNot 2009, 37

NZM 2008, 569

DNotZ 2008, 771

NJ 2008, 460

WuM 2008, 415

Info M 2008, 263

MietRB 2008, 226

NJW-Spezial 2008, 481

NotBZ 2009, 62

RNotZ 2008, 490

RdW 2008, 651

BBB 2008, 56

ImmWert 2008, 55

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