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BFH Beschluss vom 31.10.1975 - VIII B 14/74

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Leitsatz (amtlich)

1. Beantragt der Steuerpflichtige die Aussetzung der Vollziehung einer Verfügung, mit der das FA Säumniszuschläge angefordert hat, so ist im Rahmen dieses Verfahrens zu prüfen, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebotes bestehen, das den Zeitpunkt der Fälligkeit bestimmt.

2. Es ist ernstlich zweifelhaft, daß ein Leistungsgebot, das bei einem die Höhe der anzurechnenden Vorauszahlungen ändernden Berichtigungsbescheid (Anrechnungsverfügung) eine kürzere als die in § 47 Abs. 2 EStG vorgesehene Einmonatsfrist bestimmt, rechtsmäßig ist.

2. Auch die Vollziehung eines Leistungsgebotes kann ausgesetzt werden.

 

Normenkette

EStG § 47 Abs. 2; StSäumG § 1 Abs. 1 S. 1; AO § 211 Abs. 1 Nr. 2, § 326 Abs. 3 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Gründe

Die Beschwerde ist begründet.

I. Säumniszuschläge

Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. § 69 Abs. 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auf Antrag aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Es ist - bei der gebotenen summarischen Prüfung der angefochtenen Bescheide (vgl. Beschluß des BFH vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182) - ernstlich zweifelhaft, ob Säumniszuschläge verwirkt sind.

1. Säumniszuschläge sind verwirkt, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 StSäumG). Wann eine Steuer fällig wird, ergibt sich entweder aus den Einzelsteuergesetzen, aus § 271 Abs. 1 BGB oder der Fristsetzung durch das FA (§ 99 AO). Im Streitfall ist der Fälligkeitstag im Leistungsgebot (§ 211 Abs. 2 Nr. 2 AO) des Steuerbescheides ausdrücklich bestimmt. Gegen die Rechtmäßigkeit dieses Leistungsgebotes und damit gegen die Rechtmäßigkeit der die Säumniszuschläge anfordernden Verfügung bestehen erhebliche Bedenken.

a) Im Rahmen des anhängigen Aussetzungsverfahrens kann auch die Rechtmäßigkeit der Fälligstellung der Abschlußzahlungen durch das FA geprüft werden. Zwar ist das Leistungsgebot als Verfügung (§ 326 Abs. 3 Nr. 1 AO) solange wirksam und deshalb der Fälligkeitszeitpunkt als Voraussetzung der Verwirkung von Säumniszuschlägen solange verbindlich geregelt, bis es aufgehoben ist. Besteht jedoch zwischen zwei Verfügungen ein so enger innerer Zusammenhang, daß die Aufhebung der vorausgehenden Verfügung der davon abhängigen, nachfolgenden Verfügung die Grundlage entziehen würde, dann umfaßt die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der abhängigen Verfügung auch die Überprüfung der vorausgehenden Verfügung mit (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 11. Oktober 1961 VII 13, 14, 15/61 U, BFHE 73, 843, BStBl III 1961, 572 und vom 7. April 1964 VII 152/62 U, BFHE 79, 237, BStBl III 1964, 317, für das Verhältnis von Androhungsverfügung und Festsetzungsverfügung nach § 202 AO). Es reicht deshalb für die Begründung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen aus, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebotes geltend gemacht werden (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1971 II S 8/71, BFHE 103, 312, für das Verhältnis von Steuerbescheid und Anforderungsverfügung).

b) Gegen die Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots sprechen gewichtige Gründe.

Die Steuer muß bei Abschlußzahlungen aufgrund einer Berichtigungsveranlagung - nicht anders als bei Abschlußzahlungen nach erstmaliger Veranlagung - spätestens innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Berichtigungsbescheids bezahlt werden (vgl. § 47 Abs. 2 EStG und - für Berichtigungsbescheide - BFH-Urteil vom 23. Februar 1959 III ZR 237/57, StRK, Umsatzsteuergesetz 1951, § 13, Rechtsspruch 8). Vor diesem Zeitpunkt sind weder Vollstreckungsmaßnahmen zulässig noch sind Säumniszuschläge verwirkt (§ 1 Abs. 3 StSäumG). Das FA kann keine kürzere Frist bestimmen (vgl. z. B. Becker/Riewald/Koch, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., 1963, § 99 Abs. 2 AO). Ein Leistungsgebot, das dies nicht beachtet, ist rechtswidrig und auf die Beschwerde des Steuerpflichtigen hin abzuändern (§§ 230, 326 Abs. 3 Nr. 1 AO).

Nach Ansicht des Senats gelten diese Grundsätze auch bei einer Berichtigung der Anrechnungsverfügung (vgl. zu dieser z. B. BFH-Urteil vom 11. November 1966 VI R 68/66, BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214; BFH-Beschluß vom 10. Juli 1970 VI B 2/69, BFHE 99, 350, BStBl II 1970, 686). Die Höhe der Abschlußzahlungen ergibt sich aus der Höhe der Steuerschuld und - im Streitfall - der Höhe der anzurechnenden Vorauszahlungen. Für eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Voraussetzungen der Abschlußzahlung gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Es hält die Monatsfrist für ausreichend, aber auch für erforderlich, damit sich der Steuerpflichtige auf die Abschlußzahlung einstellen kann (vgl. dazu Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, 2. Bd. 1929, § 102 Anm. 6). Sinn und Zweck der Frist fordern eine Änderung des Leistungsgebots entsprechend der Änderung der Abschlußzahlung auch dann, wenn sich die Abschlußzahlung durch eine geringere Anrechnung von Vorauszahlungsbeträgen erhöht.

II. Kosten

Die Kosten sind nach § 138 Abs. 1 FGO dem FA aufzuerlegen.

1. Es ist nur noch über die Kosten des Aussetzungsverfahrens zu entscheiden. Die Hauptsache ist infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten als erledigt zu behandeln. Eine schriftliche Erledigungserklärung des FA befindet sich in den Akten. Sie lag dem FG im Zeitpunkt der Entscheidung darüber, ob der Beschwerde abzuhelfen ist, vor (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 28. März 1974 IV B 58/73, BFHE 112, 171, BStBl II 1974, 459). In einem solchen Fall ist die Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO zu treffen (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 10. November 1971 I B 14/70, BFHE 104, 39, BStBl II 1972, 222, und vom 18. September 1974 II B 11/74, BFHE 113, 352, BStBl II 1975, 41).

2. Nach § 138 Abs. 1 FGO entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens. Im Streitfall erscheint es billig, dem FA die Kosten in vollem Umfang aufzuerlegen.

a) Es ist ohne Bedeutung, daß das FA über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Abschlußzahlung im Zeitpunkt der weiteren Antragstellung beim FG noch nicht entschieden hatte. Folgen für die Kostenentscheidung ergeben sich hieraus nicht. Der Steuerpflichtige kann das Gericht unmittelbar anrufen, wenn die zur Aussetzung der Vollziehung befugte Behörde in ihm den Eindruck erweckt hatte, sie werde die Aussetzung nicht gewähren, oder weil er mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit des gerichtlichen Schutzes bedurfte (vgl. BFH-Entscheidung I B 14/70). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

b) Der Antrag hatte - bei der im Rahmen der Überprüfung von Kostenentscheidungen nach Erledigung der Hauptsache gebotenen überschlägigen Prüfung (vgl. z. B. Beschluß des BFH vom 1. April 1971 I B 37, 39/70, BFHE 102, 30, BStBl II 1971, 529) - Aussicht auf Erfolg. Er war - entgegen der Ansicht des FG, das allenfalls eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO für zulässig hielt - als Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statthaft. Auch die Vollziehung eines Leistungsgebots kann ausgesetzt werden. Das Leistungsgebot ist - wie sich aus § 326 Abs. 3 Nr. 1 AO ergibt - ein Verwaltungsakt (herrschende Meinung vgl. Becker/Riewald/Koch, a. a. O., § 326 Anm. 4 a Abs. 2; Mattern/Meßmer, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Tz. 1489 und 471; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 326 AO, Anm. 10 d; Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 326 AO Anm. 3 Nr. 1 Abs. 3). Es regelt, wann, wo und wie die - nach Verrechnung mit den Vorauszahlungen noch verbleibende - Steuerschuld zu erfüllen ist. Die Aussetzung seiner Vollziehung bewirkt, daß das FA - wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Leistungsmodalitäten bestehen - alle Maßnahmen zu unterlassen hat, die den Bestand und die Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots voraussetzen, also insbesondere alle Vollstreckungsmaßnahmen. Die Möglichkeit, die Vollziehung auszusetzen, ist - wie sich z. B. hinsichtlich der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen aus § 150 Satz 3 FGO ergibt - nicht auf die die Steuer festsetzende Verfügung beschränkt; der mit der Besteuerung verbundene Eingriff ist erst mit der letzten Vollstreckungsmaßnahme abgeschlossen. Vorläufigen Rechtsschutz gegen die zur Verwirklichung des Steueranspruchs ergangenen Verfügungen gewährt die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO, nicht die einstweilige Anordnung nach § 114 FGO.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Leistungsgebots war - wie sich aus den Ausführungen zu I ergibt - auch begründet.

 

Fundstellen

BStBl II 1976, 258

BFHE 1976, 215

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