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BFH Beschluss vom 19.11.1999 - XI B 90/98 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Darlegung der Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Übergehen von Beweisanträgen

 

Leitsatz (NV)

  1. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er habe sein Recht, das Übergehen von Beweisanträgen durch das FG zu rügen, nicht verloren, da die Beweisanträge in der Klageschrift enthalten seien, kann Ausführungen in der Beschwerdeschrift dazu nicht ersetzen, dass und in welcher Weise er gehindert gewesen sein könnte, den behaupteten Fehler vor dem FG zu rügen.
  2. Das Vorliegen eines Verfahrensmangels ist, soweit die verfahrensmäßige Handhabung von einem bestimmten materiell-rechtlichen Standpunkt abhängt, nach der Auffassung zu beurteilen, die das FG zugrunde gelegt hat.
 

Normenkette

FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 295

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da der in der Beschwerdeschrift geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt worden ist.

Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels gestützt, so muss dieser gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdeschrift bezeichnet werden. Hierfür bedarf es nach ständiger Rechtsprechung einer tatsächlichen Darstellung, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergibt. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung ―vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Finanzgerichts (FG) ausgehend― auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 8. Februar 1995 II B 56/94, BFH/NV 1995, 900; vom 22. Juli 1996 XI B 207/95, BFH/NV 1997, 50). Zur Bezeichnung einer Verletzung der Aufklärungspflicht durch Nichterhebung eines in der Klageschrift beantragten Beweises ist außerdem die Darlegung erforderlich, dass die Nichterhebung dieses Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde, weshalb dies nicht möglich oder zumutbar war oder weshalb eine solche Rüge aus sonstigen Gründen ausnahmsweise nicht erforderlich war (BFH-Beschluss vom 24. August 1998 VII B 143/98, BFH/NV 1999, 212).

Die Ausführungen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) in der Beschwerdeschrift werden diesen Erfordernissen nicht gerecht. Insbesondere hat er nicht vorgetragen, dass er die mangelnde Sachaufklärung bzw. das Übergehen der schriftsätzlichen Beweisangebote in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, da das Übergehen eines Beweisantrags und die Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu den verzichtbaren Mängeln gehören (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung; vgl. auch BFH-Beschluss vom 28. April 1998 II B 27/97, BFH/NV 1998, 1246).

Die Beschwerde lässt auch nicht erkennen, dass und in welcher Weise der Kläger gehindert gewesen sein könnte, den behaupteten Fehler zu rügen. Sein Hinweis, er habe sein Rügerecht nicht verloren, da die Beweisanträge in der Klage enthalten seien, kann entsprechende Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht ersetzen. Eine Rüge war dem Kläger als Student der Rechtswissenschaften auch zuzumuten, weil er aufgrund des Verlaufs der mündlichen Verhandlung erkennen konnte, dass das FG den in der Klageschrift angebotenen Beweis nicht erheben werde.

Im Übrigen ist das Vorliegen eines Verfahrensmangels, soweit die verfahrensmäßige Handhabung von einem bestimmten materiell-rechtlichen Standpunkt abhängt, nach der Auffassung zu beurteilen, die das FG zugrunde gelegt hat (BFH-Beschluss vom 26. November 1998 XI B 144/97, BFH/NV 1999, 658). Im Streitfall kam es aus der Sicht des FG für die Frage, ob die an die Ehefrau des Klägers geleistete Vergütung nach § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei ist, nicht auf die Absicht der auszahlenden Stelle an, ausschließlich Auslagen und nicht Verdienstausfall und/oder Zeitaufwand zu ersetzen.

Das sinngemäße Vorbringen des Klägers, das FG habe die Steuerfreiheit zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, die pauschalierte Aufwandsentschädigung sei für Verdienstausfall gezahlt worden, obwohl tatsächlich kein Verdienstausfall entstanden sei, ist dem Bereich der Anwendung materiellen Rechts zuzuordnen und damit der Rüge eines Verfahrensmangels entzogen (BFH-Beschluss vom 25. Februar 1999 XI B 172/97, BFH/NV 1999, 963).

Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424845

BFH/NV 2000, 587

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