Zusammenfassung
Kreditgeber prüfen seit tausenden von Jahren natürlich die Bonität ihrer Kreditnehmer. Dahinter steht die alles entscheidende Frage der Kreditgeber des Kreditnehmers: "Wird mein Kreditnehmer während der Laufzeit des Kreditvertrages Zins und Tilgung jederzeit pünktlich und vollständig leisten können?" Nur wenn ein Kreditgeber zum Zeitpunkt der Kreditvergabe diese Frage für sich bejaht, wird er den Kreditvertrag abschließen und den Kreditbetrag auszahlen. Aus Sicht des Kreditnehmers lautet entsprechend die entscheidende Frage: "Wie prüft mein Kreditgeber meine Bonität? Welche Informationen und Unterlagen soll ich ihm dafür zur Verfügung stellen, damit er eine angemessene Beurteilung erarbeiten kann?" Im Kreditgeschäft der Banken und Sparkassen mit ihren Firmenkunden werden heute beide Fragen über das sog. "Rating" beantwortet. Mit diesem Verfahren prüfen und bewerten Kreditinstitute die Bonität ihrer Firmenkunden. Das bedeutet für Unternehmen als Kreditnehmer: Sie sollten wissen, wie die Ratingverfahren aussehen und funktionieren!
Rating hat aber noch eine "andere Seite": Unternehmen können die Kennzahlen und Fragen der Ratingsysteme selber für die Arbeit am Unternehmen also für die zukunftssichere Weiterentwicklung nutzen. Gleichzeitig erarbeiten Unternehmen damit die Unterlagen und Informationen, die sie ihren Kreditgebern als Basis für ein angemessenes Rating zur Verfügung stellen. Ein doppelter Vorteil also.
1 Rating als Stärken-Schwächen-Analyse selber nutzen
Letztendlich machen Banken und Sparkassen mit ihrem Rating nichts anderes als eine Stärken-Schwächen-Analyse ihrer Kreditnehmer. Dabei bewerten sie die Kennzahlen und die Antworten der Unternehmen auf ihre Fragen natürlich aus ihrer Kreditgeber-Sicht. Kreditgeber betrachten Unternehmen dazu meist durch eine Risiko-Brille.
Unternehmen können und sollten (!) den Spieß umdrehen: Nehmen Sie die Kennzahlen und Fragen der Ratingsysteme und schauen Sie mit Ihrer unternehmerischen Chancen-Brille darauf mit folgenden 3 Fragen:
- Wo stehen Sie aktuell mit Ihrem Unternehmen?
- Wo möchten Sie mit Blick auf die Zukunft Ihres Unternehmens und seiner Chancen in 2, 3 Jahren stehen, was also sind Ihre Ziele?
- Mit welchen Aktivitäten können Sie diese Ziele realistisch erreichen?
Der Beitrag "Ratingverfahren im Detail" stellt in Kapitel 4 zum Rating der Genossenschaftsbanken die Kennzahlen und Fragen dieses Systems sehr ausführlich dar. Sie können diese Kennzahlen und Fragen Schritt für Schritt mit den 3 obigen Fragen durcharbeiten.
Sie können aber auch im ersten Schritt eine zusammenfassende Betrachtung angehen, sozusagen als Einstieg in das Thema. Im Folgenden werden die Kennzahlen und Fragen in den Ratingverfahren beispielhaft zusammengefasst:
- Ertragskraft und Ertragsstrukturen: Wo und mit welchen Kunden und Produkten/Dienstleistungen wird das Geld heute und morgen verdient?
- Cashflow – Höhe und Stabilität aus Kerngeschäften: Wie nachhaltig werden Zins und Tilgung erbracht werden können?
- Eigenkapitalquote, -struktur: Wie stark ist das Unternehmen mit Eigenkapital finanziert und ist das dauerhaft ausreichend und damit tragfähig mit Blick auf die Risiken des Geschäftsmodells?
- Verschuldung: Wie ist die Fremdkapitalstruktur, ist das Unternehmen laufzeitkongruent finanziert (Goldene Bilanzregel) oder lauern hier Risiken?
- Branchensituation: In welcher Branche oder welchen Branchen arbeitet das Unternehmen, wie ist deren Zukunftsfähigkeit einzuschätzen?
- Kundenstruktur und Marktstellung: Wie stark ist das Unternehmen in seinem relevanten Markt im Wettbewerb, wer sind seine Kunden, ist es von einigen wenigen großen Kunden ggf. sehr abhängig?
- Aktualität der Jahresabschlüsse: Wie aktuell sind die Zahlen, die als Basis für eine Kreditentscheidung vorgelegt werden?
- Bewertungsstandards in den Jahresabschlüssen: Welche Bilanzpolitik betreibt das Unternehmen, eher konservativ, eher progressiv?
- Steuerungs-/Controlling-System: Mit welchen Instrumenten steuert das Unternehmen seinen Erfolg (qualifizierte betriebswirtschaftliche Auswertung, Kalkulationssystem, Ziele und Planung mit Plan-Ist-Vergleich, ...)?
- Unternehmensnachfolge: Wie wird das Thema bei entsprechendem Alter (oft wird 55 als Ausgangsjahr angesetzt) bewusst angegangen?
- Persönliche Management-/Manager-Beurteilung: Wie ist vor dem Hintergrund der bisherigen Kennzahlen und Antworten die Führungsebene des Unternehmens persönlich einzuschätzen, sind alle erforderlichen Qualifikationen mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit ausreichend vorhanden?
- Kontoführung (Achtung: Schnell-Ratings): Steuert das Unternehmen Finanzierung und Liquidität bewusst und sendet damit keine Risiko- oder gar Warn-Signale in die Banken-Systeme?
Zu den einzelnen Themen dieser Zusammenfassung finden Sie weitere Details bei Bedarf im Beitrag "Ratingverfahren im Detail" in Kapitel 4 zum Rating der Genossenschaftsbanken. Außerdem finden Sie auf www.strategiebaum.de Fragen aus allen Ratingsystemen gegliedert nach unternehmerischen Themenfeldern als weiter...