Leitsatz

Die Inszenierung einer Oper durch einen selbstständig tätigen Regisseur gegen Honorar ist weder nach dem UStG noch nach Unionsrecht steuerbefreit und unterliegt dem Regelsteuersatz.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 und 2, § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1 (S. 1) UStG, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kat. 8, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n, Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b 1. Gedankenstrich der 6. EG-RL, Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 9, Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als Regisseur selbstständig tätig. Im Streitjahr 2004 erhielt er für die Inszenierung einer Oper ein Honorar, das er als umsatzsteuerfrei behandelte.

Das FA unterwarf dieses Honorar dem Regelsteuer­satz.

Mit der Klage hielt der Kläger an seinem Begehren fest, seine Leistung als Regisseur der Oper gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei zu belassen. Hilfsweise berief er sich auf eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL.

Während des Klageverfahrens bescheinigte die zuständige Behörde dem Kläger mit Rückwirkung zum Januar 2001, dass er die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG genannten Einrichtungen erfülle.

Das FG Berlin-Brandenburg gab der Klage statt: Die Leistungen des Klägers seien zwar nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit ergebe sich jedoch aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.11.2008, 7 K 2310/06 B, Haufe-Index 2084087, EFG 2009, 156).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG sind steuerfrei die Umsätze u.a. der Theater des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände. Das Gleiche gilt nach S. 2 der Vorschrift für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen.

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde entfaltet eine Bindungswirkung insoweit, als in ihr festgestellt wird, dass der Unternehmer die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt. Hingegen haben die Finanzbehörden bzw. FG zu entscheiden, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibt, die einer Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG gleichartig ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 20.04.1988, X R 20/88, BStBl II 1988, 796).

Ein Regisseur, der ein Theaterstück oder eine Oper inszeniert, ist keine gleichartige Einrichtung in diesem Sinne. Die Leistung eines Theaters ist dadurch gekennzeichnet, dass Personen auf einer Bühne ein Stück vor einem Publikum aufführen. Ein Regisseur tritt aber nicht auf der Bühne auf. Dass seine Tätigkeit für die Leistung des Theaters erforderlich ist, macht den Regisseur noch nicht zu einer Einrichtung, die einem Theater gleichartig ist.

2. Auch das Unionsrecht zwingt nicht zur Steuerbefreiung der Leistungen des Regisseurs einer Oper. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RLbefreien die Mitgliedstaaten bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden, von der Steuer.

Dass die Mitgliedstaaten "bestimmte" kulturelle Dienstleistungen befreien und diese bestimmten kulturellen Dienstleistungen in der RL nicht aufgeführt sind, kann nur bedeuten, dass die Mitgliedstaaten nicht alle kulturellen Dienstleistungen befreien müssen, sondern dass ihnen insoweit ein Auswahlrecht zusteht.

Zwar müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung des ihnen eingeräumten Ermessens die Grundsätze des Unionsrechts beachten. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen unterschiedlich zu behandeln. Die Leistungen eines Regisseurs einerseits und eines Theaters andererseits sind aber – wie dargelegt – nicht gleichartig. Deshalb kann es aus unionsrechtlicher Sicht nicht beanstandet werden, dass die Bundesrepublik Deutschland die Leistungen der Regisseure nicht von der USt befreit hat.

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem EuGH-Urteil vom 03.04.2003, C-144/00, "Hofmann" (BFH/NV 2003, Beilage 3, 153), das die sog. "Drei Tenöre" betrifft. Danach dürfen die Mitgliedstaaten wegen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität bei der Anerkennung als Einrichtung Einzelkünstler (Sänger) nicht anders behandeln als kulturelle Gruppen (Chöre). Darum geht es hier aber nicht. Denn Theater kann auch eine Aufführung vor Zuschauern durch nur einen Darsteller sein.

4. Die Leistungen der Regisseure unterliegen dem Regelsteuersatz und nicht einem ermäßigten Steuersatz. Die Steuer ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG auf 7 % für die Leistungen der Theater, Orchester, Kammer- und Musikensembles, Chöre und Museen sow...

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