Die Überwindung der Unternehmenskrise kann neben dem dringenden Erfordernis der Beseitigung der Krisenursachen die finanzielle Sanierung des Unternehmens erfordern. Als ein in der Bilanz ersichtlicher Indikator für die Notwendigkeit der finanziellen Sanierung eines Unternehmens ist die Überschuldung anzusehen.

In der Bilanz werden die Vermögenswerte auf der Aktivseite erfasst. Das Kapital, bestehend aus Eigenkapital (EK) und Fremdkapital (FK), steht auf der Passivseite (siehe Abbildung 3, links). Eine aktivseitige Erhöhung der Vermögenswerte, die auf einen positiven Erfolgssaldo zwischen Aufwendungen und Erträgen zurückzuführen ist, spiegelt sich passivseitig in einer Erhöhung des Eigenkapitals i. H. d. Gewinns wider (siehe Abbildung 3, Mitte). Sofern der Saldo aus Aufwendungen und Erträgen negativ ist (= Verlust), vermindert sich das Vermögen um diesen Betrag. Dies kommt einer Vernichtung von Eigenkapital gleich. Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn der in einer Rechnungsperiode erwirtschaftete (Vermögens-)Verlust das gesamte Eigenkapital übersteigt (siehe Abbildung 3, rechts).

Abb. 3: Einfache Bilanz, positiver Erfolgssaldo und Überschuldung

Abweichend von der zum leichteren Verständnis gewählten Darstellung in Abbildung 3 schreibt der Gesetzgeber den Kapitalgesellschaften aus Gründen des klaren Eigenkapitalausweises in § 266 Abs. 3 HGB vor, den Verlust (Jahresfehlbetrag) ebenfalls – als Negativbetrag – als Passivposition in die Bilanz aufzunehmen.

Bei Erörterung der Überschuldung als Indikator für die (finanzielle) Sanierungsbedürftigkeit eines Unternehmens ist zudem zwischen bilanzieller und wirtschaftlicher Überschuldung zu unterscheiden.

Bilanzielle Überschuldung

Die bilanzielle Überschuldung bezeichnet den Fall, dass die Verbindlichkeiten größer sind als das bilanzielle Vermögen des Unternehmens (wie in Abbildung 3 rechts dargestellt). Die bilanzielle Überschuldung wird auch als Unterbilanz bezeichnet und liegt vor, wenn das nach handelsrechtlichen Vorschriften bewertete Vermögen niedriger als die Schulden des Unternehmens ist.[1] Trotz bilanzieller Überschuldung kann ein Unternehmen wirtschaftlich lebensfähig sein. Durch Einleitung von geeigneten Maßnahmen kann eine realistische Chance zur Fortführung des Unternehmens bestehen.

Wirtschaftliche Überschuldung

Demgegenüber liegt eine wirtschaftliche Überschuldung vor, wenn es keine Möglichkeit gibt, das Vermögen des Unternehmens zu vergrößern (z. B. durch Auflösung stiller Reserven) oder die Schulden zu verringern (z. B. durch Rangrücktritt einzelner Schuldner). Die wirtschaftliche Überschuldung lässt sich dadurch charakterisieren, dass die Summe der erzielbaren Liquidationswerte der Vermögensgegenstände kleiner ist als die Summe der effektiven Verbindlichkeiten. Eine wirtschaftliche Überschuldung stellt gemäß § 19 Abs. 1 InsO neben der bestehenden und der drohenden Zahlungsunfähigkeit einen Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren dar, sofern die im Rahmen der Überschuldungsprüfung durchzuführende Fortführungsprognose negativ ausfällt.[2]

 
Achtung

Geringe Möglichkeiten zur Sanierung bei wirtschaftlicher Überschuldung

Sowohl die bilanzielle als auch die wirtschaftliche Überschuldung sind Ausdruck einer fortgeschrittenen Unternehmenskrise und erfordern die finanzielle Sanierung des Unternehmens, wobei insbesondere bei der wirtschaftlichen Überschuldung des Unternehmens das Spektrum der prinzipiell möglichen Sanierungsmaßnahmen stark begrenzt ist.

[1] Vgl. Bieg/Kussmaul, 2000, S. 86.
[2] Vgl. Lützenrath/Peppmeier/Schuppener, 2006, S. 26.

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