Die Vorgründungsgesellschaft (von der ersten Idee zur Gründung einer Kapitalgesellschaft bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags oder der Satzung) stellt eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) dar, soweit es sich um eine aus mehreren Gesellschaftern zu gründende Kapitalgesellschaft handelt, oder ein Einzelunternehmen, wenn es sich später um eine Kapitalgesellschaft mit einem Gesellschafter handelt (z. B. Ein-Mann-GmbH). Die Vorgründungsgesellschaft ist mit der später entstehenden Kapitalgesellschaft nicht identisch.

Die Vorgründungsgesellschaft kann die Unternehmereigenschaft i. S. v. § 2 UStG aus eigenem Recht heraus erlangen, wenn sie selbst nachhaltig Leistungen am Markt erbringt. Soweit keine eigenen Leistungen am Markt erbracht werden, kann die Unternehmereigenschaft aber nicht grds. dann versagt werden, wenn bezogene Vorleistungen (z. B. Einkauf von Einrichtungsgegenständen, Marktanalysen o. Ä.) auf die Vorgesellschaft übertragen werden.

Der EuGH[1] hatte in einem besonderen Fall entschieden, dass in den Fällen, in denen eine Vorgründungsgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an die gegründete Kapitalgesellschaft überträgt, die Vorgründungsgesellschaft aus diesen Vorbezügen den Vorsteuerabzug geltend machen kann, auch wenn sie selbst keine Umsatzerzielungsabsicht hatte. Da in diesem Fall schon von der Vorgründungsgesellschaft ein betriebsfähiges Unternehmen geschaffen war, ging der EuGH von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen[2] von der Vorgründungsgesellschaft an die Gründungsgesellschaft aus. Dieser Umsatz war zwar nicht steuerbar, schloss aber als Ausgangsumsatz den Vorsteuerabzug aus Sicht des EuGH nicht aus. Die Ergebnisse des EuGH lassen sich aber nicht auf andere Fallgestaltungen der Geschäftsveräußerung übertragen. Insbesondere scheidet eine Anwendung dieser Rechtsgrundsätze in den Fällen aus, in denen eine Gesellschaft insgesamt veräußert wird, die schon selbst Ausgangsumsätze bewirkt hat oder selbst Ausgangsumsätze bewirken wollte.[3]

In einem weiteren Fall (einer gescheiterten Gründung einer "Ein-Personen-GmbH") hatte der BFH[4] entschieden, dass der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führt. Beratungskosten, die der Gesellschafter im Zusammenhang mit der geplanten Gründung der Gesellschaft getragen hatte, waren deshalb nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen.

Die Finanzverwaltung[5] hat die Grundsätze der Vorsteuerabzugsberechtigung bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft in Abschn. 15.2b Abs. 4 UStAE aufgenommen. Ein Gesellschafter oder eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft (Vorgründungsgesellschaft), der bzw. die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an diese veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen ungeachtet dessen berechtigt, dass die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

 
Hinweis

Entsprechende Berücksichtigung bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

Der Grundsatz muss entsprechend gelten, wenn es sich bei der Übertragung nicht um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Dies wird insbesondere dann vorliegen, wenn Einzelgegenstände übertragen werden, die für sich genommen nicht zu einem betriebsfähigen Unternehmen führen.

Soweit die Übertragung außerhalb einer entgeltlichen Leistung erfolgt, kann dem Gesellschafter oder der Vorgründungsgesellschaft unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug aus einer bezogenen Leistung zustehen, wenn es sich aus Sicht der geplanten Gesellschaft um einen Investitionsumsatz handelt.

 
Wichtig

Definition des "Investitionsumsatzes"

Als Investitionsumsatz definiert die Finanzverwaltung bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen, die der Gesellschafter oder die Vorgründungsgesellschaft tatsächlich an die Gesellschaft überträgt und die von der gegründeten Gesellschaft für ihre wirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden. Bezogene Leistungen, die generell nicht an die Gesellschaft übertragen werden können oder die nicht tatsächlich an die zu gründende Gesellschaft übertragen werden, stellen keinen Investitionsumsatz dar.

Die Grundsätze für den Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug durch eine Vorgründungsgesellschaft oder einen Gesellschafter gelten unabhängig davon, ob es später auch tatsächlich zur Gründung der Kapitalgesellschaft kommt oder es sich um eine gescheiterte Gesellschaftsgründung handelt. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass die geplante Kapitalgesellschaft den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Ausgangsumsätze ausführen wollte.

 
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