Forderungen sind nach folgenden Grundsätzen zu bewerten:

 
Handelsrecht Steuerrecht
Bewertung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit den Anschaffungskosten[1] Bewertung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit den Anschaffungskosten[2]

Tab. 1: Forderungsbewertung nach Handels- und Steuerrecht

"Anschaffungskosten" sind bei der Bewertung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen der Nennbetrag der Forderung. Der Nennbetrag ist ein Bruttorechnungsbetrag (= das vereinbarte Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer).

Liegt der tatsächliche Wert einer Forderung am Bilanzstichtag unter dem Nennwert, ist dieser niedrigere Teilwert in der Handelsbilanz zwingend anzusetzen.[3] Im Steuerrecht gilt seit Einführung des BilMoG nicht mehr der Grundsatz des "strengen Niederstwertprinzips", sondern grundsätzlich ein Wahlrecht.[4]

 
Achtung

Wertminderung muss dauerhaft sein

Forderungen dürfen nur dann auf einen niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden, wenn die Wertminderung von Dauer ist.[5] Dem Finanzamt muss detailliert nachgewiesen werden, dass mit dem Eingang einer Forderung nicht mehr oder nur gemindert zu rechnen ist.[6] Ist nach einer Teilwertabschreibung mit der Begleichung einer Forderung tatsächlich wieder zu rechnen, ist dieser höhere Teilwert am nächsten Bilanzstichtag wieder zu aktivieren.[7] Steuerrechtlich besteht das Wertaufholungsgebot bereits, wenn keine dauernde Wertminderung mehr vorliegt.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines Schuldners besteht regelmäßig eine dauernde Wertminderung einer Forderung und ist eine bilanzielle Einzelwertberichtigung veranlasst.[8]

Der BFH muss entscheiden, ob bei sog. Hybridanleihen, die eine Forderung i. H. d. Nominalwerts verbriefen, deren Laufzeit jedoch unbestimmt ist, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert wegen gesunkener Kurswerte am Bilanzstichtag zulässig ist.[9]

Bei der Bilanzerstellung hat ein Unternehmer sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die sich am Bilanzstichtag auf den Wert der Forderungen ausgewirkt haben.[10]

Der Jahresabschluss kann bei Überbewertung von Bilanzposten nichtig sein.[11]

Zur Beurteilung der richtigen bilanziellen Bewertung einer (möglicherweise) risikobehafteten Forderung ist im Zivilprozess in der Regel die Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten, es sei denn, das Gericht verfügt ausnahmsweise selbst über die notwendige besondere Sachkunde und weist die Parteien zuvor hierauf hin.[12]

[5] BMF, Schreiben v. 2.9.2016, IV C 6 – S 2171-b/09/10002:002, Tz. II. Nr. 1 und 3 Buchst. b, BStBl 2016 I S. 995.
[6] FG München, Urteil v. 23.3.2015, 7 K 1790/12, rkr.: Zur Teilwertabschreibung auf Forderungen wegen Überschuldung des Schuldners.
[11] BGH, Hinweisbeschluss v. 11.5.2021, II ZR 56/2020.
[12] BGH, Urteil v. 20.1.2022, III ZR 194/19: Schadenersatzklage gegen Wirtschaftsprüfergesellschaft wegen falschen Testats; s. auch BGH, Urteil v. 9.2.3023, III ZR 117/20: Bewertung von Geldforderungen in der Handelsbilanz – fehlgeschlagene Kapitalanlage.

4.1 Wertaufhellende Tatsachen – Umstände lagen am Bilanzstichtag vor

Wertaufhellende Tatsachen sind Umstände, die zwar am Bilanzstichtag schon vorlagen, dem bilanzierenden Unternehmer jedoch erst nach diesem Stichtag, aber vor Bilanzerstellung bekannt wurden.[1] Diese sind bei Erstellung der Bilanz zu berücksichtigen. So kann es passieren, dass bspw. eine Forderung, die zum Bilanzstichtag noch einwandfrei war, durch nachträglich bekannt werdende Tatsachen zu einer uneinbringlichen Forderung wird.

Zum Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung einer Kaufpreisforderung können auch wertaufhellende Tatsachen berücksichtigt werden, soweit sie im Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz bzw. in dem davor liegenden Zeitpunkt der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufstellung des Jahresabschlusses vorgelegen haben.[2]

Die Beurteilung, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt Umstände vorlagen, die die Abschreibung einer Forderung vonnöten machten, und in welchem Umfang dies gegebenenfalls vorzunehmen war, erfordert eine umfassende Würdigung der Einzelfallumstände, die zumeist besonderen kaufmännischen und bilanztechnischen Sachverstand voraussetzt.

4.2 Wertbeeinflussende Tatsachen – Umstände sind nach Bilanzstichtag eingetreten

Im Gegensatz zu den wertaufhellenden Tatsachen dürfen Umstände, die nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind und noch vor Bilanzaufstellung bekannt wurden, nicht zu einer Korrektur oder Ausbuchung der Forderung in der Bilanz führen. Man spricht von einer sog. wertbeeinflussenden (auch wertbegründenden) Tatsache, die jedoch keinerlei Einfluss auf d...

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