Rz. 1

Für die Beurteilung einer möglichen Bilanzierung von Nutzungen und Nutzungsrechten ist eine Definition der verwendeten Begriffe unerlässlich. Die Vielzahl der in diesem Zusammenhang in der Literatur auftretenden Bezeichnungen – als Beispiele wären hier neben Nutzung und Nutzungsrecht auch Nutzungsvorteil, Nutzungsüberlassung oder Nutzungsverhältnis zu nennen – trägt dazu bei, zusätzliche Verwirrung in ein ohnehin komplexes Thema zu bringen. Für die nachfolgenden Betrachtungen wird daher folgende Abgrenzung vorgenommen:

 

Rz. 2

Vorteile aus Nutzungsüberlassungen können sich zum einen aus einem Recht auf Nutzung und zum anderen aus der Nutzung selbst ergeben. Damit wird eine Unterscheidung hinsichtlich des Realisierungszeitpunkts des Vorteils vorgenommen; im ersten Fall nämlich entsteht der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts, während im zweiten Fall dem Nutzer ein Vorteil erst pro rata temporis, also mit der Durchführung der tatsächlichen Nutzung, zukommt.[1] In der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26.10.1987[2] wird von Nutzungsvorteilen allerdings nur im Zusammenhang mit bloßen Nutzungen, jedoch nicht mit Nutzungsrechten gesprochen; dieser Einschränkung des Begriffs Nutzungsvorteile wird sich an dieser Stelle angeschlossen.

 

Rz. 3

Unterschiedlich diskutiert wird in der Literatur der Begriff des Nutzungsverhältnisses; Inhalt eines Nutzungsverhältnisses kann nach Clausen[3] ein reiner Nutzungsvorteil oder ein Nutzungsrecht sein. Der Oberbegriff des "Nutzungsverhältnisses" beinhaltet seiner Ansicht nach sowohl Nutzungsrechte als auch die bloße Möglichkeit, Vorteile aus der Nutzung eines bestimmten Gegenstands oder Rechts zu ziehen. "Als Nutzungsverhältnisse sind Rechtsgeschäfte anzusehen, durch die dem Berechtigten der Anspruch eingeräumt oder übertragen wird, aus einer Sache, die nicht in sein Eigentum übergeht, oder aus einem Recht, dessen Inhaber er nicht wird, Gebrauchsvorteile und Früchte, insbesondere Erträge (§§ 99, 100 BGB) zu ziehen."[4] Laut Thiel[5] führt dagegen der Begriff des "Nutzungsverhältnisses" zu einer direkten Assoziation mit dem Vorliegen einer tatsächlichen Nutzung. Entgegen dieser Einordnung wird der Begriff des Nutzungsverhältnisses im Folgenden sowohl im Zusammenhang mit Nutzungsrechten als auch mit bloßer Nutzung verwandt.

 

Rz. 4

Allen Begriffen gleich ist der Wortstamm "Nutzung", der im § 100 BGB eine Erläuterung findet; demnach sind Nutzungen "Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt".

 

Rz. 5

Damit sind für das Vorliegen einer Nutzung zwei wesentliche Kriterien zu erfüllen:

  • die Möglichkeit der Fruchtziehung[6] und
  • das Vorliegen eines Gebrauchsvorteils.[7]

Für eine Qualifikation als Nutzungsrecht muss jedoch über das Vorliegen einer möglichen Nutzung hinaus eine gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlage bestehen, die den Anspruch des Nutzungsberechtigten sichert und den Nutzungsüberlasser verpflichtet. Nutzungsrechte zeichnen sich dadurch aus, dass sich der Nutzungsüberlasser das Eigentum am zur Nutzung überlassenen Gegenstand (Zuwendungsnutzungsrecht) bzw. die Nutzung selbst (Vorbehaltsnutzungsrecht) vorbehält. Fehlt es jedoch bei der Nutzungsüberlassung an einer gesetzlich oder vertraglich festgelegten Grundlage, kann die Nutzungsmöglichkeit jederzeit entzogen werden; eine gesicherte Rechtsposition besteht nicht.[8] In diesem Fall wäre von einer bloßen Nutzung zu sprechen. Der BFH[9] definiert Nutzungsrechte als gesicherte Rechtspositionen, die den Inhaber berechtigen, die Sache (Gegenstand oder Recht) zu nutzen, welche ihm vom zivilrechtlichen Eigentümer des genutzten Gegenstands nicht gegen seinen Willen entzogen werden kann.

 

Rz. 6

Nutzungsrecht und Nutzung unterscheiden sich auch hinsichtlich ihres Werts: Das Nutzungsrecht hat einen Wert an sich, der von vornherein bestimmbar ist; bei laufenden Nutzungsentgelten kann auf kapitalisierte Zahlungsströme abgestellt werden.[10] Unabhängig davon ist jedoch die Einschätzung der Frage, mit welchem Wert ein Nutzungsrecht in die Bilanz aufzunehmen wäre. Dagegen bestimmt sich der Wert der Nutzung aus der tatsächlichen Inanspruchnahme. Charakteristisch für Nutzungen ist gerade der sofortige Verbrauch.[11] Diese Einschätzung gewinnt insbesondere im Rahmen einer möglichen Qualifikation der Nutzungen und Nutzungsrechte als Vermögensgegenstände an Bedeutung.

[1] Vgl. dazu Thiel, Die Bilanzierung von Nutzungsrechten, in Doralt, Probleme des Steuerbilanzrechts, Veröffentlichung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e. V., Band 14, 1991, S. 163, der diese Unterscheidung für die Ermittlung des geldwerten Vorteils im Rahmen der verbilligten Überlassung einer Wohnung eines Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer vornimmt.
[3] Vgl. Clausen, DStZ A 1976, S. 371 ff., der unter einem Nutzungsvorteil Positionen versteht, die "urheberrechtlich nicht schutzfähig sind, so...

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