Der maßgebliche Gesamtumsatz des Kleinunternehmers bestimmt sich nach § 19 Abs. 3 UStG. Dabei ist von dem steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auszugehen. Damit gehören die Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG und der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nicht zum Gesamtumsatz. Darüber hinaus sind auch bestimmte steuerfreie Umsätze nicht mit in den Gesamtumsatz einzubeziehen.[1]

In die Berechnung des Gesamtumsatzes sind auch unentgeltliche Wertabgaben mit einzubeziehen (z. B. Nutzung von Fahrzeugen für unternehmensfremde Zwecke). Dies gilt aber dann nicht, wenn die Privatnutzung nicht steuerbar ist.[2]

 
Für die Berechnung des maßgeblichen Gesamtumsatzes nach § 19 UStG ergibt sich folgendes Schema:
  Steuerbare Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, berechnet nach vereinnahmten Entgelten
./. steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG, § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG und § 4 Nr. 11–29 UStG
./. steuerfreie Hilfsumsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. ah UStG, § 4 Nr. 9 Buchst. a und 10 UStG (nur, wenn diese Umsätze nicht den Hauptzweck des Unternehmens darstellen)
= Gesamtumsatz, ggf. hochgerechnet auf einen Jahresumsatz
./. Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (Verkauf und Entnahme)
= Umsatz nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG
+ Umsatzsteuer (soweit Umsatz steuerpflichtig)
= Umsatz i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG
 
Wichtig

Bei differenzbesteuerten Umsätzen ist die Einnahme anzusetzen

Führt der Unternehmer Umsätze aus, die einer Margenbesteuerung unterliegen (Reiseleistungen, Differenzbesteuerung), ist nicht nur die Marge, sondern die Einnahme bei der Prüfung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen.[3]

Nachdem Zweifel aufgekommen waren, ob diese Sichtweise mit dem Unionsrecht vereinbar ist, hatte der BFH[4] den EuGH angerufen. Der EuGH[5] hat in seiner Entscheidung aber die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung gestützt, sodass nicht nur die Marge in die Prüfung der Gesamtumsatzgrenze einzubeziehen ist.

Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes ist die Unternehmenseinheit zu beachten. Da ein Unternehmer immer nur ein Unternehmen haben kann, sind bei der Prüfung des Gesamtumsatzes alle von dem Unternehmer[6] ausgeführten Umsätze des einheitlichen Unternehmens zu beachten.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Gesamtumsatzgrenze bei Unternehmenseinheit

Arzt A erbringt im Rahmen seiner Tätigkeit steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG i. H. v. 380.000 EUR. Darüber hinaus erstellt er auch Gutachten (z. B. für Versicherungen), die nicht nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Er erzielt daraus einen jährlichen Umsatz i. H. v. 18.000 EUR.

Da der steuerfreie Umsatz nach § 4 Nr. 14 UStG nicht bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes heranzuziehen ist, kann A mit einem maßgeblichen Gesamtumsatz von 18.000 EUR die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen. Wenn A darüber hinaus auch noch eine vermietete Immobilie besitzt, bei der er bei Gewerbemietern nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze verzichtet hat, sind diese steuerpflichtigen Umsätze bei der Berechnung des Gesamtumsatzes mit zu berücksichtigen, sodass A – entsprechende Mieterlöse unterstellt – in diesem Fall für seine Gutachtentätigkeit die Kleinunternehmerbesteuerung nicht anwenden kann und somit Umsatzsteuer für diese Leistungen abführen muss.

In den Gesamtumsatz gehen aber nur die steuerbaren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ein. Umsätze, deren Ort sich nicht im Inland befindet, bleiben deshalb bei der Prüfung der Gesamtumsatzgrenze unberücksichtigt. Dies ist insbesondere seit dem 1.7.2021 im Zusammenhang mit der Absenkung der Umsatzschwelle[7] bei den Lieferungen an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten zu beachten.

 
Praxis-Beispiel

Kleinunternehmereigenschaft und innergemeinschaftliche Fernverkäufe

Der bayerische Beamte B unterhält neben seiner beruflichen Tätigkeit einen kleinen Online-Shop, in dem er an Privatpersonen spezielle Trachtenknöpfe verkauft. Er versendet die Knöpfe an deutsche und österreichische Kunden. In 2022 hat er Knöpfe für (netto) 17.000 EUR an deutsche Kunden und für 12.000 EUR (alternativ 8.000 EUR) an österreichische Kunden versandt. Für 2023 und 2024 geht er von vergleichbaren Umsätzen aus.

B ist mit seinem Online-Handel Unternehmer. Die Versandlieferungen nach Österreich an die Privatkunden sind nach § 3c Abs. 1 UStG in Österreich ausgeführt, die unionseinheitliche Umsatzschwelle von 10.000 EUR[8] hat er überschritten. Damit handelt es sich bei diesen Umsätzen nicht um steuerbare Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (in Deutschland), sodass B die Gesamtumsatzgrenze von 22.000 EUR nicht überschreitet. B ist in Deutschland Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG. Die Umsätze in Österreich sind in Deutschland nicht steuerbar, müssen aber in Österreich nach den dortigen Bestimmungen besteuert werden. Dies kann über die One-Stop-Shop-Regelung[9] oder über eine individuelle Veranlagung in Österreich erfolgen.

Wenn B nur einen Umsatz i. H. v. 8.000 EUR gegenüber den österreichisch...

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