Die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer ist verfassungsgemäß

Der BFH bejaht die Verfassungsmäßigkeit der Nichtabzugsfähigkeit der GewSt von der Bemessungsgrundlage der ESt ab 2008.

Hintergrund

Der BFH hatte zu entscheiden, ob die ab 2008 geltende Regelung in § 4 Abs. 5b EStG, wonach die GewSt und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben sind, verfassungsgemäß ist.

Eine OHG hatte in ihrer Gewinnermittlung für 2008 die Gewerbesteuerlast als Betriebsausgabe abgezogen. Im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung rechnete das FA die GewSt außerbilanziell wieder hinzu. Dagegen wandten sich die ehemaligen Gesellschafter der inzwischen beendeten Gesellschaft mit verfassungsrechtlichen Überlegungen, die jedoch vom FA und auf die Klage auch vom FG zurückgewiesen wurden.

Entscheidung

Auch der BFH weist die verfassungsrechtlichen Einwendungen zurück. Die Streichung des GewSt-Abzugs als Betriebsausgabe in § 4 Abs. 5b EStG wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz (UntStRefG) 2008 eingefügt. Die Neuregelung verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die für die Lastengleichheit maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst sich zwar grundsätzlich nach dem objektiven Nettoprinzip als Ausgangstatbestand der ESt. Ausnahmen von dieser Belastungsentscheidung sind jedoch möglich. Sie bedürfen allerdings eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes.

Das Abzugsverbot durchbricht das objektive Nettoprinzip, da die GewSt betrieblich veranlasst ist und zu Betriebsausgaben führt. Diese Durchbrechung sieht der BFH als sachlich gerechtfertigt an. Denn sie ist Bestandteil der Unternehmensteuerreform, die teilweise belastende, teilweise aber auch entlastende Wirkungen hat. Nach dem bisherigen System war die GewSt als Betriebsausgabe abziehbar und minderte damit auch ihre eigene Bemessungsgrundlage. Zudem war sie pauschal auf die ESt anrechenbar. Dieses Zusammenwirken, das eine genaue

Zurechnung der Steuerbelastung auf die verschiedenen Gebietskörperschaften erschwerte, wurde durch das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5b EStG und die gleichzeitige Erhöhung des Anrechnungsfaktors der GewSt auf die ESt von 1,8 auf 3,8 in § 35 EStG beseitigt. Die Verbesserung der Steuerbelastungstransparenz und Entflechtung der Finanzierungsströme der staatlichen und der kommunalen Ebene sind legitime gesetzgeberische Ziele. Zudem wird das Abzugsverbot durch die Erhöhung des Anrechnungsfaktors weitgehend kompensiert und führt in den meisten Fällen sogar zu einer vollständigen Entlastung von der GewSt. Dass bei einem Hebesatz von mehr als 400 % keine volle GewSt-Entlastung eintritt, ist durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt.

§ 4 Abs. 5b EStG verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Ein etwaiger Eingriff wäre nach Auffassung des Senats aus den gleichen Gründen wie die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips gerechtfertigt.

Hinweis

Die Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots ist damit - in Übereinstimmung mit den führenden Stimmen im Schrifttum - für die Praxis geklärt. Der BFH hatte dies bereits für Kapitalgesellschaften entschieden, bei denen durch das Abzugsverbot eine Doppelbelastung mit KSt und GewSt eintritt (Urteil v. 16.1.2014, I R 21/12). Wie schon in früheren Entscheidungen betont der BFH, dass sich die Gleichheit der Besteuerung an der finanziellen Leistungsfähigkeit orientiert und damit folgerichtig am objektiven Nettoprinzip ausrichten muss. Der BFH lässt auch in der aktuellen Entscheidung offen, ob das objektive Nettoprinzip Verfassungsrang hat. Die Gleichheit fordert aber zumindest, dass das objektive Nettoprinzip als Ausgangstatbestand folgerichtig angewandt wird. Das bedeutet, dass Ausnahmen davon eines besonderen sachlichen Grundes bedürfen. Eine solche Ausnahme ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Durchbrechung durch eine andere Entlastung kompensiert wird, ferner dann, wenn sich der Gesetzgeber generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedient und sich innerhalb seines Gestaltungsraums bewegt.

Im Übrigen weist der BFH darauf hin, dass eine vollständige Anrechnung der GewSt auf die ESt verfassungsrechtlich nicht geboten ist und auch keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, dass neben der ESt zusätzlich auch GewSt erhoben wird.

BFH, Urteil v. 10.9.2015, IV R 8/13, veröffentlicht am 11.11.2015

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