OFD Kommentierung: Abfärbetheorie bei Gemeinschaftspraxen

Ist eine Gemeinschaftspraxis teilweise gewerblich tätig, kann es zur gewerblichen "Infizierung" der gesamten Tätigkeit kommen. Die OFD Frankfurt äußerte sich kürzlich zur sog. integrierten Versorgung im Lichte dieser Abfärbetheorie.

Sofern eine ärztliche Gemeinschaftspraxis neben ihrer eigentlichen freiberuflichen Tätigkeit noch gewerbliche Tätigkeiten ausübt, z.B. in Form der Medikamentenabgabe, wird nach der sog. Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die gesamte Tätigkeit als Gewerbebetrieb angesehen.

Die OFD Frankfurt erklärt mit Verfügung vom 31.5.2012, warum es in Fällen der sog. integrierten Versorgung zur gewerblichen Infizierung kommen kann.

Bei einer solchen Versorgung legen Krankenkasse und Arzt vertraglich fest, dass der Arzt für die Behandlung von Patienten bestimmte Fallpauschalen erhält. Diese Pauschalen umfassen sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln und sind daher eine Vergütung für freiberufliche und für gewerbliche Tätigkeiten.

Die OFD weist darauf hin, dass solche Fallpauschalen wegen ihres gewerblichen Anteils bei Gemeinschaftspraxen ebenfalls zur gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte führen. Dies entspricht der einheitlichen Auffassung der Finanzverwaltung. Die Abfärbung tritt auch ein, sofern die Gemeinschaftspraxis sog. Faktorpräparate an Bluter (zur Heimselbstbehandlung) abgibt.

Ausnahme: Eng verbundene Hilfsmittel

Setzt der Arzt im Rahmen der integrierten Versorgung jedoch Hilfsmittel ein, die eine ärztliche Behandlung überhaupt erst ermöglichen, wie z.B. ein künstliches Hüftgelenk oder künstliche Augenlinsen, führt dies nicht zu einer gewerblichen Infizierung. Denn diese Hilfsmittel sind derart eng mit der Heilbehandlung verbunden, dass deren Abgabe als Bestandteil der ärztlichen Gesamtleistung zu werten ist und der Arzt eine einheitliche heilberufliche Tätigkeit erbringt.

Geringfügigkeitsgrenze von 1,25 %

Zur gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt es allerdings nur dann, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit über 1,25 % der Gesamttätigkeit liegt. Diese Grenze geht auf das BFH-Urteil vom 11.8.1999 (XI R 2/98, BStBl 2000 II S. 229) zurück.

Die entsprechende Quote ermittelt sich, indem die Umsätze aus der Abgabe von Arzneimitteln und Hilfsmitteln (Ansatz mit den Einkaufspreisen) mit dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis verglichen werden.

Gründung einer Schwesterpersonengesellschaft

Setzt der Arzt im Rahmen der integrierten Versorgung jedoch Hilfsmittel ein, die eine ärztliche Behandlung überhaupt erst ermöglichen, wie z.B. ein künstliches Hüftgelenk oder künstliche Augenlinsen, führt dies nicht zu einer gewerblichen Infizierung. Denn diese Hilfsmittel sind derart eng mit der Heilbehandlung verbunden, dass deren Abgabe als Bestandteil der ärztlichen Gesamtleistung zu werten ist und der Arzt eine einheitliche heilberufliche Tätigkeit erbringt.

Geringfügigkeitsgrenze von 1,25 %

Zur gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt es allerdings nur dann, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit über 1,25 % der Gesamttätigkeit liegt. Diese Grenze geht auf das BFH-Urteil vom 11.8.1999 (XI R 2/98, BStBl 2000 II S. 229) zurück.

Die entsprechende Quote ermittelt sich, indem die Umsätze aus der Abgabe von Arzneimitteln und Hilfsmitteln (Ansatz mit den Einkaufspreisen) mit dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis verglichen werden.

Gründung einer Schwesterpersonengesellschaft

Die OFD weist auf eine Ausweggestaltung hin, wodurch die Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte vermieden werden kann: Sofern Praxen die Geringfügigkeitsgrenze von 1,25 % überschreiten, können sie die gewerbliche Tätigkeit auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft auslagern und so die gewerbliche Infektion der Gemeinschaftspraxis abwenden.

Hinweis: Eine Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine Schwesterpersonengesellschaft verhindert eine Infektion nach der Rechtsprechung des BFH aber nur dann, wenn diese Gesellschaft auch nach außen hin als solche erkennbar wird (BFH, Urteil v. 19.2.1998, IV R 11/97). Das BMF fordert in diesem Zusammenhang, dass sich die Tätigkeit der Gesellschaft eindeutig von der Tätigkeit der ärztlichen Gemeinschaftspraxis abgrenzen lässt. D.h. konkret:

  • Der Gesellschaftsvertrag muss so gestaltet sein, dass die Gesellschaft wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell von der ärztlichen Gemeinschaftspraxis unabhängig ist.

  • Es müssen getrennte Aufzeichnungen oder Bücher geführt, besondere Bank- und Kassenkonten eingerichtet und eigene Rechnungsformulare verwendet werden.

  • Die Arznei- bzw. Hilfsmittel müssen getrennt vom Betriebsvermögen der ärztlichen Gemeinschaftspraxis gelagert werden.

Diese Voraussetzungen sind im BMF-Schreiben vom 14.5.1997 (IV B 4 - S 2246 - 23/97) formuliert, das auch heute noch anwendbar ist (siehe Positivliste in BMF, Schreiben v. 27.3.2012, IV A 2 - O 2000/11/10006).

OFD Frankfurt, Verfügung v. 31.5.2012, S 2241 A – 65 – St 213


Schlagworte zum Thema:  Gewerbesteuer, Gemeinschaftspraxis, Arzt