Online-Scheidung durch versehentlichen Klick

Online-Scheidung in Großbritannien mit speziellen Tücken: Ein versehentlicher Klick des Anwalts auf die falsche Mandantin – und schon war ein seit 20 Jahren verheiratetes Ehepaar geschieden.

Die spezifischen Tücken der Digitalisierung musste in Großbritannien kürzlich ein seit 20 Jahren verheiratetes Ehepaar erfahren, das unwissentlich durch einen versehentlich falschen Klick ihres Anwalts geschieden wurde.

Britisches Ehepaar wollte nur Trennungsmodalitäten regeln

Der etwas kuriose, zur Scheidung einer langjährigen Ehe führende Fehler, ereignete sich in einer renommierten Londoner Anwaltskanzlei. Das geschiedene Ehepaar hatte sich nach einem Bericht der britischen Zeitung „The Guardian“ im Jahr 2023 nach mehr als 20-jähriger Ehe zwar getrennt, wollte aber noch nicht final geschieden werden. Die Eheleute hatten die Absicht, mithilfe der Anwaltskanzlei zunächst die Trennungsmodalitäten zu regeln, um eine mögliche, aber noch nicht sichere spätere Scheidung vorzubereiten.

Falsche elektronische Akte ausgewählt

Ein innerhalb der Kanzlei für die Scheidung eines weiteren Paares zuständiger Anwalt hatte die Absicht, die Scheidung für seinen Klienten durchzuführen und wollte den Scheidungsantrag online stellen. Eine Mitarbeiterin der Kanzlei hatte in der Vorbereitung hierzu versehentlich die falsche elektronische Akte im Drop-down-Menü ausgewählt und die Erfüllung der formalen Voraussetzungen für den Online-Scheidungsantrag vorbereitet.

Scheidungs-Button für das falsche Paar geklickt

Anschließend stellte der zuständige Mitarbeiter der Kanzlei durch einen Klick auf den dafür vorgesehenen Button online den finalen Scheidungsantrag beim zuständigen Gericht. Dieses hat daraufhin binnen 21 Minuten die erfolgreich durchgeführte Scheidung für das falsche Paar bestätigt. In der Kanzlei wurde der Fehler erst 2 Tage später bemerkt.

Geschiedene Ehefrau forderte Korrektur

Die auf diese Weise geschiedene Ehefrau war mit der finalen Ehescheidung nicht einverstanden. Ihre Anwälte stellten in ihrem Auftrag beim Supreme Court den Antrag auf Aufhebung des Scheidungsbeschlusses. Ihre Argumentation: Der Fehler sei lediglich durch einen versehentlich falschen Klick entstanden. Es könne nicht sein, dass in England eine Ehe infolge eines Versehens rechtskräftig geschieden werde. Ein solches Ergebnis würde dem Vertrauen der Bevölkerung in die Würde und den Bestand der Institution Ehe nicht gerecht.

Geschiedener Ehemann begrüßte kurze Scheidungsprozedur

Dem auf diese Weise geschiedenen Ehemann kam demgegenüber nachträglich die ultraschnelle Scheidungsprozedur gerade recht. Seine Argumentation: Nach britischem Recht könne eine Scheidung nur im Fall der Nichtigkeit oder im Fall aus genau definierten Gründen anfechtbarer Erklärungen rückgängig gemacht werden. Das Vertrauen in die Gültigkeit gerichtlicher Entscheidungen habe einen hohen Wert und würde erschüttert, wenn sie umgehend wieder aufgehoben und rückgängig gemacht werden könnten.

Hinreichende Systemsicherung gegen ungewollte Scheidungen

Der zuständige Richter am Supreme Court folgte der Argumentation des geschiedenen Ehemannes. Die Möglichkeit der Online-Scheidung sei in Großbritannien so ausgestaltet, dass die ausführende Anwaltskanzlei in einer umfangreichen Prozedur eine Reihe verschiedener Bildschirmseiten durchlaufen und diverse Angaben bestätigen müsse. Erst danach könne der finale Scheidungsantrag elektronisch gestellt werden. Es existierten also diverse Sicherungssysteme gegen ein ungewolltes Büroversehen, die offensichtlich sämtlich nicht beachtet worden seien.

Öffentliches Interesse am Bestand von Scheidungsbeschlüssen

Schließlich bestehe ein hohes öffentliches Interesse an dem Bestand und der Endgültigkeit eines gerichtlichen, rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses. Der Respekt vor einer solchen Entscheidung, die einen verbindlichen Status quo geschaffen habe, verbiete es, eine solche Entscheidung nachträglich aus rechtlich nicht normierten Gründen einfach wieder aufzuheben.

Ehepaar aufgrund eines Versehens rechtskräftig geschieden

Im Ergebnis lehnte das Gericht eine Korrektur des Scheidungsbeschlusses ab. Das betroffene Ehepaar ist damit nach britischem Recht endgültig und rechtskräftig geschieden.

Wäre ein solches Ergebnis auch in Deutschland denkbar?

In Deutschland wäre eine ungewollte Scheidung wie in England nicht ohne Weiteres möglich. Zwar werden auch hierzulande Scheidungsanträge von der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei elektronisch eingereicht, jedoch ist zur Durchführung der Scheidung in der Regel das persönliche Erscheinen beider Parteien vor Gericht erforderlich, § 128 FamFG. Alternativ ist auch die Teilnahme an einem Scheidungstermin per Videokonferenz möglich, §§ 124 FamFG, 128a ZPO. Theoretisch denkbar ist demnach zwar ein Scheidungsantrag für den falschen Mandanten, eine unbeabsichtigte Scheidung als dessen Folge ist aber kaum vorstellbar.

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