Dieses wird im Detail im 2. Teil[14] präsentiert und erläutert. Die Autoren erheben, trotz der im Einzelnen ausformulierten Normen ihres Vorschlags, dabei ausdrücklich nicht den Anspruch, den abschließenden oder endgültigen Vorschlag für ein Alternativmodell zum Pflichtteilsrecht zu unterbreiten, das an den Unterhaltsbedarf anknüpft.[15]

[14] S. 31 ff., Rn 33 ff.
[15] Vgl. S. 31, Rn 33.

a. Der Grundgedanke

Der Angang des Entwurfs ist zunächst einfach. Das Pflichtteilsrecht wird insgesamt gestrichen. Gestrichen wird außerdem in § 1615 BGB, dass die Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Verpflichteten erlöschen. Konsequenz ist, dass der Erbe, der gem. § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten haftet, nun auch den Unterhaltsgläubigern haftet. Die fortbestehenden Unterhaltsansprüche werden zu Nachlassverbindlichkeiten. Sie sind also übergegangene Erblasserschulden, für die der Erbe im Rahmen der allgemeinen Erbenhaftung einsteht. Das formuliert der neue § 1615a BGB-E für die Unterhaltspflicht gegenüber Abkömmlingen und Verwandten der aufsteigenden Linie sowie § 1586b BGB-E, insoweit identisch mit der geltenden Norm, für die Unterhaltspflicht gegenüber geschiedenen Ehegatten ausdrücklich. Die passive Vererblichkeit regelt der Entwurf auch für den allgemeinen Ehegattenunterhalt durch Ergänzung eines Verweises in § 1360a BGB-E auf § 1586b BGB-E und für den Unterhalt bei Getrenntleben durch den – bereits de lege lata vorgesehenen – Verweis auf § 1360a BGB in § 1361 BGB.

b. Der Unterhaltsbedarf und die Kapitalisierung

Voraussetzung für den Übergang der Unterhaltspflicht ist (vgl. § 1615a Abs. 1 BGB-E sowie § 1586b Abs. 1 BGB-E), dass "zur Zeit des Erbfalls zu erwarten ist, dass sie (i.e. die Unterhaltsgläubiger) ihren Unterhalt nicht nachhaltig selbst sichern können". Dann geht die Unterhaltspflicht als Nachlassverbindlichkeit auf den Erben über (vgl. ebenfalls § 1615a Abs. 1 BGB-E sowie § 1586b Abs. 1 BGB-E).

Eine wesentliche Weichenstellung des Entwurfs ist dann, dass im Erbfall statt einer Geldrente eine Abfindung in Kapital zu leisten ist (vgl. § 1615a Abs. 2 S. 1 BGB-E und § 1586b Abs. 2 S. 1 BGB-E). Die Höhe der Abfindung bestimmt sich nach der im Zeitpunkt des Erbfalls zu erwartenden Bedürftigkeit (§ 1602 BGB sowie § 1577 BGB) und, das Fortleben des Verpflichteten unterstellt, der Lebensstellung des Berechtigten (§ 1610 BGB) (vgl. § 1615a Abs. 2 S. 2 BGB-E) bzw. den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) (vgl. § 1586b Abs. 2 S. 2 BGB-E). Der Erbe kann aus wichtigem Grund Ratenzahlung verlangen (vgl. § 1615a Abs. 2 S. 4 BGB-E und § 1586b Abs. 2 S. 4 BGB-E). Im Übrigen können der Berechtigte und der Erbe in notariell beurkundeter Form die Gewährung des Unterhalts durch eine Geldrente vereinbaren (vgl. § 1615a Abs. 3 S. 1 u. 2 BGB-E und der Verweis auf diese Regelung in § 1586b Abs. 3 BGB-E).

Die Motivation für die Kapitalisierung ist klar und richtig. Der Nachlass soll schnell abgewickelt und, bei einer Mehrzahl von Erben, auseinandergesetzt werden.[16] Aus Sicht der Autoren "scheint" "auf den ersten Blick eine solche Kapitalisierung der Grundkonzeption eines Unterhaltsmodells entgegenzustehen."[17] Das ist vielleicht zu vorsichtig formuliert. Der Unterhalt wird typischerweise aus gutem Grund ratierlich gewährt. Dies erspart eine Vielzahl von Prognosen (dazu noch sogleich), die bei einer Kapitalisierung erforderlich werden, es verhindert eine Verschleuderung durch den Berechtigten, der den Unterhalt eben ratierlich, grundsätzlich monatlich erhält, und im Übrigen ist der Unterhalt grundsätzlich auch dem Zugriff der Gläubiger entzogen (vgl. § 850b ZPO).

Zu den Prognosen im Modell des Entwurfs: Voraussetzung für die passive Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs ist zunächst die Prognose, dass zur Zeit des Erbfalls zu erwarten ist, dass der Berechtigte seinen Unterhalt nicht nachhaltig selbst wird sichern können (vgl. nochmals § 1615a Abs. 1 BGB-E und § 1586b Abs. 1 BGB-E). Der Entwurf berücksichtigt daher bewusst auch latente Unterhaltsansprüche, also Situationen, in denen erst später, nach dem Stichtag "Tod des Erblassers", eine Bedürftigkeit zu erwarten ist.[18] Der Entwurf bildet hierfür das Beispiel eines Abiturienten im "gap year", der dieses selbst verdient hat, und der plant, noch zu studieren.[19] Bei einem starren Stichtagsprinzip würde dieser Abiturient keinen Unterhalt erhalten.

Im Rahmen der Kapitalisierung sind weitere Prognosen erforderlich. So bestimmt sich die Höhe der Abfindung, wie gesehen, "nach der im Zeitpunkt des Erbfalls zu erwartenden Bedürftigkeit" (§ 1602 BGB und § 1577 BGB) und, das Fortleben des Verpflichteten unterstellt, der Lebensstellung des Berechtigten (§ 1610 BGB) bzw. den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB). Bei der Bemessung des Bedarfs für den Angehörigenunterhalt ist also die Lebensstellung des Berechtigten relevant. Diese richtet sich bei minderjährigen Kindern nach der Lebensstellung der Eltern.[20] Der Entwurf geht daher davon aus, dass im Rahmen der Bedarfsbestimmung z.B. auch zu erwägen ist, ob eine Gehaltserhöhung des Erblassers zu...

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