Die Anzahl neu errichteter Stiftungen in Deutschland nahm in den vergangenen Jahren immer weiter zu, sodass im Jahr 2022 ein Höchststand von fast 25.300 Bestandsstiftungen zu verzeichnen war.[1] Hierbei erlangte die Stiftung auch im familiären und unternehmerischen Umfeld zunehmend an Bedeutung.

Zweck und Wirksamkeitsvoraussetzungen

Die Errichtung einer Familienstiftung dient primär der ideellen und finanziellen Förderung der Stifterfamilie und kann darüber hinaus den dauerhaften Fortbestand eines Familienunternehmens sicherstellen. Gem. § 80 Abs. 2 BGB sind zur Entstehung das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde erforderlich. Im Stiftungsgeschäft muss der Stifter gem. § 81 Abs. 1 BGB der Stiftung eine Satzung geben und ein Vermögen zur Erfüllung des von ihm vorgegebenen Zwecks widmen, wobei das Stiftungsgeschäft gem. § 81 Abs. 3 BGB schriftlich zu Lebzeiten erklärt werden oder in einer Verfügung von Todes wegen enthalten sein kann. Entscheidet sich der Stifter für eine Errichtung durch Verfügung von Todes wegen, kann er die Stiftung entweder als (Mit)Erbin, Vermächtnisnehmerin oder Empfängerin einer Zuwendung aus einer Auflage einsetzen.

Die Stiftung als Erbin

Setzt der Erblasser die Stiftung als Erbin ein, entsteht die Stiftung nach dem Tod des Stifters. Da die Stiftung ihre Rechtsfähigkeit erst mit behördlicher Anerkennung erlangt, fingiert § 80 Abs. 2 S. 2 BGB die Entstehung der Stiftung vor Eintritt des Erbfalls und ermöglicht somit die Einsetzung einer noch nicht rechtsfähigen Stiftung als Erbin. Nach erfolgter Anerkennung tritt die Stiftung gem. §§ 1922, 80 Abs. 2 S. 2 BGB in die Rechtstellung des Erblassers mit der Folge ein, dass sie für Nachlassverbindlichkeiten haftet und ggf. bestehende Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche erfüllen muss.

 

Praxishinweis: Pflichtteilsverzicht und’Vermögensübersicht

Aufgrund der weitreichenden Pflichten, die mit der Einsetzung einer Stiftung als Alleinerbin einhergehen, ist die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen durch Einsetzung der Stiftung als Alleinerbin nur dann praktikabel, wenn der Stifter und Erblasser bereits zu Lebzeiten zugunsten der noch nicht entstandenen Stiftung vorgesorgt hat. Da die Stiftungsaufsichtsbehörde im Rahmen des Anerkennungsverfahrens der Stiftung prüft, ob diese mit dem ihr gewidmeten Vermögen den vorgegebenen Zweck dauerhaft und nachhaltig erfüllen kann, bedarf es einer detaillierten Auflistung der Vermögenswerte durch den Erblasser, da bei unklaren oder unübersichtlichen Vermögensverhältnissen die Ablehnung der behördlichen Anerkennung drohen kann. Darüber hinaus verhindert ein etwaiger Pflichtteilsverzicht, dass die Stiftung Auskunfts-, Wertermittlungs- und Zahlungsansprüchen nach § 2314 BGB ausgesetzt ist.

Die Stiftung als Miterbin

Ist die Stiftung als Miterbin eingesetzt, ist die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft einerseits gem. § 2043 Abs. 2 BGB bis zur Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig ausgeschlossen. Andererseits setzt die Anerkennung der Stiftung gem. § 82 BGB voraus, dass die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Hierfür ist wiederum das der Stiftung gewidmete Vermögen maßgeblich, das erst nach Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft endgültig feststeht. Die Auflösung dieses circulus vitiosus[2] ist umstritten, wobei einerseits vertreten wird, § 2043 Abs. 2 BGB dahingehend einzuschränken, als dass die Auseinandersetzung bereits vor der Anerkennung vorzunehmen und die Stiftung analog § 1810 BGB von einem Pfleger zu vertreten wäre.[3] Die Gegenansicht hält § 2043 Abs. 2 BGB für vorrangig anwendbar[4] mit der Folge, dass die Anerkennung der Stiftung zwingende Voraussetzung der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wäre.

 

Praxishinweis: Teilungsanordnung

Trifft der Erblasser eine Teilungsanordnung, ist die behördliche Prüfung der Frage, ob die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, erheblich vereinfacht und führt regelmäßig dazu, dass der Anerkennung der Stiftung kein Hindernis entgegensteht. Denn aus behördlicher Sicht ist allein maßgeblich, ob das der Stiftung gewidmete Vermögen eine dauerhafte und nachhaltige Zweckerfüllung sicherstellen kann.

Die Stiftung als Vermächtnisnehmerin oder Empfängerin einer Zuwendung aus einer Auflage

Schließlich ist es dem Erblasser möglich, die Stiftung entweder als Vermächtnisnehmerin oder als Empfängerin einer Zuwendung aus einer Auflage einzusetzen. Indem die Stiftung einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben erwirbt bzw. Empfängerin einer Vermögenszuwendung ist, werden keine Pflichten zulasten der Stiftung begründet mit der Folge, dass die Errichtung der Stiftung im Vergleich zur Einsetzung als (Mit)Erbin deutlich einfacher ist.

 

Praxishinweis: Dialog mit der Stiftungsaufsichtsbehörde

Bei der Errichtung von Todes wegen empfiehlt es sich, noch zu Lebzeiten in Kontakt mit der Stiftungsaufsichtsbehörde zu treten, um im Vorfeld absichern zu lassen, dass der a...

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