Leitsatz

Auch bei der Entwendung geringwertiger Gegenstände kann eine außerordentliche Verdachtskündigung gerechtfertigt sein.

Bei einem ICE-Steward der Deutschen Bahn AG wurden im Rahmen einer Gepäckkontrolle ein paar Kaffeebecher sowie einige Lebensmittel im Gesamtwert von etwa 20 DM gefunden. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber außerordentlich. Zu Recht – so das BAG:

Der dringende Verdacht eines Diebstahls bzw. einer Unterschlagung auch geringwertiger Gegenstände aus dem Eigentum des Arbeitgebers stellt an sich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Erst im Rahmen der Inte„ressenabwägung kann die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dazu führen, dass eine außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall kommt jedoch erschwerend hinzu, dass die Straftat mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängt, der Arbeitnehmer eine sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Obhutspflicht verletzt und das Delikt nicht nur außerhalb seines konkreten Aufgabenbereichs bei Gelegenheit der Arbeitsleis„tung verübt hat. Eine Abmahnung war hier nicht erforderlich, weil es sich um einen besonders schwerwiegenden Verstoß handelte, dessen Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar war und bei dem es offensichtlich ausgeschlossen ist, dass ihn der Arbeitgeber hinnimmt. In solchen Fällen kann eine Wiederherstellung des für ein Arbeitsverhältnis erforderlichen Vertrauens nicht erwartet werden.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 12.08.1999, 2 AZR 923/98

Anmerkung

Fazit: Der Verdacht der Entwendung geringwertiger Gegenstände kann eine außerordentliche Kündigung in erster Linie dann rechtfertigen, wenn die infrage stehende Straftat mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängt.

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