Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Abschalteinrichtung, Feststellungsinteresse, Verbotsirrtum, Klageabweisendes Versäumnisurteil, Prozeßbevollmächtigter, Differenzschaden, Schadenminderungspflicht, Schriftsätze, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Unzulässigkeit, Feststellung einer Schadensersatzpflicht, Rückzahlung des Kaufpreises, Sittenwidrigkeit, Klagepartei, Berufungszurücknahme, Klageantrag, Feststellungsantrag, Gesamtlaufleistung, Zurücknahme der Berufung

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 25.05.2021; Aktenzeichen 81 O 348/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 25.05.2021, Az. 81 O 348/20, abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 09.02.2021 wird teilweise aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.267,07 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.07.2020 zu bezahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten und bleibt die Klage abgewiesen.

2. Die darüber hinausgehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 11%, der Kläger hat 89% zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger die Kosten seiner Säumnis und von den Übrigen Kosten 96%, die Beklagte hat von den nicht durch die Säumnis des Klägers verursachten Kosten des Verfahrens erster Instanz 4% zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten anfangs um Feststellung und dann um Schadensersatz, um diesen zuletzt nurmehr in der Form des Differenzschadens, wegen der behaupteten Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug.

Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kläger erwarb am 22.08.2015 von Privat den streitgegenständlichen, von der Beklagten hergestellten Audi A5 3.0 TDI, FIN: ...021 als Gebrauchtfahrzeug. In dem Kaufdokument (Anlage K26) befindet sich unter der Überschrift "Kaufvertrag" das vorgedruckte Feld "vereinbarter Kaufpreis" und dort die handschriftliche Eintragung "30..000.-" gefolgt von einem vorgedruckten "EUR". Weiter unten findet sich auf demselben Dokument unter der Überschrift "Quittung" in dem vorgedruckte Feld "Der Verkäufer bestätigt den Erhalt von: EUR" die handschriftliche Eintragung "32750.-"

Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde am 21.03.2012 erstmals zugelassen. Es wies im Kaufzeitpunkt eine Laufleistung von 102.300 km auf.

Der Kläger hat das Fahrzeug bereits am 28.03.2019 mit einem Kilometerstand von 192.800 km zu einem Preis von 15.000 EUR an einen privaten Käufer mit Wohnanschrift in der Slowakei weiterverkauft. In dem Formularvertrag (Anlage R42, nach Bl. 349 d.A.) findet sich ein vorformulierter Gewährleistungsausschluss und unter dem Punkt "Sondervereinbarung" der handschriftliche Eintrag: "Privat verkauft nach § 25a, keine Garantie, wie gesehen so gekauft, Probefahrt gemacht". Nach dem Kaufvertrag war das Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufs außer Betrieb gesetzt.

In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor TDI V6 mit 3.0 l Hubraum und 180 kw Leistung verbaut. Das Fahrzeug soll der Schadstoffklasse EU 5 entsprechen. Die Abgasreinigung findet für das Fahrzeug durch eine teilweise Rückführung der Abgase in den Verbrennungsraum und durch einen Dieselpartikelfilter statt. Dabei wird der Stickoxidausstoß durch die Abgasrückführung verringert. In dem Fahrzeug ist ein Thermofenster verbaut, welches den Umfang der Abgasrückführung und damit den Stickoxidausstoß beeinflusst. Das Fahrzeug verfügt nicht über einen SCR-Katalysator.

Die Beklagte ist Inhaberin der Typengenehmigung für Fahrzeuge der entsprechenden Baureihe und erteilte für das streitgegenständliche Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung.

Mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 09.10.2019 (Anlage K27) führen die anwaltlichen Vertreter des Klägers aus, das von dem Kläger zu einem Preis von 32.750 EUR erworbene Fahrzeug sei manipuliert und die Beklagte schulde dem Kläger Schadenersatz nach § 826 BGB. Die anwaltlichen Vertreter des Klägers fordern die Beklagte in dem Schreiben auf, den Kaufpreis zu erstatten und das streitgegenständliche Fahrzeug zurückzunehmen. Außerdem wird die Beklagte in dem Schreiben aufgefordert, dem Grunde nach anzuerkennen, dass sie für alle entstandenen Schäden eintreten müsse.

Der Kläger führt aus, das Fahrzeug sei manipuliert. Es habe eine Lenkwinkelerkennung, die im Prüfzyklus ein anderes, emissionsoptimiertes Schaltprogramm anwende, eine Aufheizstrategie durch welche der SCR-Katalysator schneller eine optimale Betriebstemperatur erreiche (wobei der Kläger dem Beklagtenvortrag, das Fahrzeug habe gar keinen SCR-Katalysator, dann nicht entgegen tritt) und ein Thermofenster, welches - so der ursprüngliche Klagevortrag - die Abgasreinigung bereits bei Außentemperaturen unter 17° C und über 30° C abschalte. Die Beklagte habe zu...

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