Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugnisberichtigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1.Entspricht das einem Arbeitnehmer erteilte Zeugnis nicht der vorgeschriebenen Form, ist es inhaltlich unrichtig oder hat der Arbeitgeber bei der Bewertung von Führung und Leistung seinen Beurteilungsspielraum überschritten, kann der Mitarbeiter verlangen, daß das Zeugnis nachträglich abgeändert wird. Dabei handelt es sich um den ursprünglichen Erfüllungsanspruch, soweit es darum geht, die formale Vollständigkeit des Zeugnisses sicherzustellen. Solange etwa das erteilte einfache Zeugnis keine Aussage zur Art der Tätigkeit enthält, solange etwa im qualifizierten Zeugnis zur Führung des Mitarbeiters nicht Stellung genommen wird, hat der Arbeitnehmer nicht das Zeugnis in der Hand, welches er nach den jeweiligen gesetzlichen oder tariflichen Vorschriften beanspruchen kann; seine Forderung ist noch nicht erfüllt.

2. Über die Form des Zeugnisses sagt § 20 AVR nichts aus, so daß auf die üblichen Grundsätze der Zeugniserteilung abzustellen ist. Der beklagte Verein hat demnach für das Zeugnis des Arbeitnehmers den Geschäftsbogen zu verwenden, den er auch sonst für die Zeugnisausstellung benutzt. Hat ein Krankenhausträger ein Zeugnis eines nachgeordneten Arztes auf dem Geschäftsbogen des Krankenhauses mit dem Briefkopf der Chirurgischen Abteilung ausgestellt und von dem Chefarzt und dem Verwaltungsleiter unterzeichnen lassen, dann ist eine Selbstbindung hinsichtlich der äußeren Form des Zeugnisses eingetreten.

3. Wird der Arbeitgeber zur inhaltlichen Berichtigung eines Zeugnisses verurteilt oder verpflichtet er sich zur Vermeidung weiterer arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen dazu, dann darf er sich nicht zu seinem vorangegangenen Tun in Widerspruch setzen, indem er die äußere Form des Zeugnisses willkürlich ändert, sondern er muß für die Zeugnisberichtigung grundsätzlich den Geschäftsbogen verwenden, den er bei Ausstellung des ursprünglichen, aber inhaltlich zu berichtigenden Zeugnisses gebraucht hat.

4. Nach den allgemeinen Zeugnisgrundsätzen ist es üblich, Zeugnisse nachgeordneter Ärzte von dem Chefarzt oder leitenden Arzt zumindest mitunterzeichnen zu lassen. Muß der Arbeitgeber ein von ihm zuvor selbst unterzeichnetes Zeugnis aufgrund arbeitsgerichtlichen Urteil oder Vergleich berichtigen, kann er sich bei der Neuausstellung grundsätzlich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, der im Rang höher ist als der beurteilte Arbeitnehmer. Ist aber - wie im Krankenhausbereich - die Unterschrift des ärztlichen Fachvorgesetzten des nachgeordneten Arztes notwendig, kann diese nicht durch den Verwaltungsleiter des Krankenhauses ersetzt werden.

 

Orientierungssatz

Zur Frage, ob ein Oberarzt einer Chirurgischen Abteilung einen Anspruch darauf hat, daß ihm ein Zeugnis erteilt wird, das unter dem Briefkopf der Chirurgischen Abteilung abgefaßt und von den Chefärzten der Chirurgischen Abteilung unterzeichnet wird.

 

Normenkette

BGB § 630; DWArbVtrRL § 20 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 22.04.1993; Aktenzeichen 4 Ca 1833/92)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses.

Der beklagte Verein ist Rechtsträger des M.-Krankenhauses. Dort war der im Jahre 1947 geborene Kläger in der Zeit vom 01.06.1987 bis 31.12.1991 als Facharzt für Chirurgie und Oberarzt der allgemein-chirurgischen Abteilung zu einem Gehalt von zuletzt 10.000,-- DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Richtlinien für Arbeitsverträge in Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung, in welchem es u.a. heißt:

§ 20 Zeugnis

Jeder Mitarbeiter hat nach Beendigung des Dienstverhältnisses Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses durch den Dienstgeber oder seinen Bevollmächtigten. Er kann in begründeten Fällen ein vorläufiges Zeugnis verlangen.

Im Herbst 1991 kam es zu Differenzen zwischen den Parteien und schließlich zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten am 14.11.1991. Hiergegen hat sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr gesetzt. Bereits während des Kündigungsrechtsstreits hat der beklagte Verein dem Kläger unter dem 30.03.1992 ein Zeugnis nachfolgenden Inhalts erteilt:

Herr Dr. med. M. K., geb. am 11.02.1947, war in der Zeit vom 01.06.1987 bis 31.12.1991 als Oberarzt in der kollegial geleiteten Chirurgischen Abteilung des M.-Krankenhauses tätig.

Die Abteilung umfaßt 108 chirurgische Betten einschließlich 5 intensiv-medizinischer Betten sowie eine große allgemeine und unfallchirurgische sowie durchgangsärztliche Ambulanz. Die Zulassung zum § 6-Verfahren ist gegeben.

Den fachlichen Schwerpunkten der beiden Chefärzte entsprechend bestehen die Arbeitsbereiche Allgemeinchirurgie einschließlich Thorax- und Gefäßchirurgie sowie Unfallchirurgie einschließlich Handchirurgie und Rekonstruktiver Chirurgie des Stütz- und Bewegungsapparates. Aufgrund der speziellen Vorbildung und der Interessenlage war ein Oberarzt hauptsächlich im Bereich Unfallchirurgie tätig, während Herr Dr. K. vo...

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