Entscheidungsstichwort (Thema)

Günstigkeitsvergleich zur Anwendung der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme. Berechnung des Stundensatzes zur Herstellung einer übereinstimmenden Vergleichsgrundlage

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist für den Arbeitnehmer günstiger i. S. d. § 4 Abs. 3 TVG, eine kürzere Wochenarbeitszeit zu einem höheren Stundensatz als nach dem Tarifvertrag zu leisten, auch wenn sein Monatseinkommen dadurch insgesamt geringer ausfällt Arbeitszeit und Arbeitsentgelt sind in einem Gesamtvergleich nicht isoliert zu betrachten. Zur Herstellung einer übereinstimmenden Vergleichsgrundlage ist das jeweilige Monatsentgelt der dafür zu erbringenden Arbeitszeit in der Weise gegenüberzustellen, dass der jeweilige Stundensatz berechnet wird (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.04.2013 - 6 Sa 2000/12).

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 3; BGB §§ 157, 242, 611 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 27.08.2012; Aktenzeichen 18 Ca 4065/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Berlin vom 27.08.2012 - 18 Ca 4065/12 - teilweise geändert.

2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen der Tarifverträge der Deutschen T. AG mit Stand 24.06.2007 kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung, soweit sie günstiger sind als die tarifvertraglichen Regelungen der Beklagten.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 865,83 € brutto (achthundertfünfundsechzig 83/100) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 861,27 € seit dem 05.03.2012 und aus weiteren 4,56 € seit dem 17.03.2012 zu zahlen.

4. In Höhe von weiteren 3.814,79 € (dreitausendachthundertvierzehn 79/100) und in Höhe der Zinsen für 4,56 € für den Zeitraum vom 05.03.2012 bis zum 16.03.2012 wird die Berufung des Klägers einschließlich der Klageerweiterung vom 02.04.2013 zurückgewiesen.

5. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Bestimmungen der Tarifverträge der Deutschen T. AG mit dem Stand vom 24. Juni 2007 im Rahmen eines Günstigkeitsvergleichs noch auf sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten Anwendung finden sowie über sich daraus ergebende Ansprüche in Bezug auf die vom Kläger geschuldete Arbeitszeit und die von ihm zu beanspruchende Vergütung.

Der Kläger, der seit 1971 Mitglied der Gewerkschaft ver.di bzw. zuvor der Deutschen Postgewerkschaft ist, ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26.09.1973 beschäftigt. In diesem Arbeitsvertrag heißt es u. a.:

"Die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost gelten in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart."

Zum 01.01.1995 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 21 Abs. 1 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (PostPersRG) auf die Deutsche T. AG (DT AG) übergeleitet, die mit ver.di u. a. einen Manteltarifvertrag (Abl. Bl. 229 - 248 d.A.) und einen Entgeltrahmentarifvertrag (Abl. Bl. 662 - 683 d.A.) schloss. Am 25.06.2007 ging das Arbeitsverhältnis sodann auf die Beklagte als einer Servicegesellschaft der DT AG über, worüber der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 509 - 517 d. A.) unterrichtet wurde. Er widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht. Unter dem Datum des Betriebsübergangs schloss die Beklagte mit ver.di den MTV DTNP (Abl. Bl. 214-228 d.A.) und den ERTV DTNP (Abl. Bl. 115 - 131d.A.) die von den Tarifverträgen der DT AG u. a. bei der Arbeitszeit und dem Entgelt abweichen.

Vor dem Betriebsübergang war der Kläger der Entgeltstufe T5 Grundstufe 4 eingruppiert und sein Arbeitsentgelt betrug bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 34 Stunden wöchentlich zuletzt monatlich 3.135,00 EUR brutto. Außerdem erhielt der Kläger eine Funktionszulage i. H. v. 86,15 EUR brutto sowie im Jahr 2007 ein Leistungsentgelt i. H. v. insgesamt 2.571,80 EUR, das in zwei Teilbeträgen (1.264,56 EUR mit der Abrechnung Juni 2007 und 1.307,24 EUR mit der Abrechnung Dezember 2007) ausgezahlt wurde. Nach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte erzielte der Kläger in Anwendung der neuen Tarifverträge bei einer 38 Stundenwoche zunächst ein Monatsentgelt von 2.986,48 EUR sowie eine Ausgleichszulage i. H. v. 223,24 EUR. Seit 2008 erhielt der Kläger nach Maßgabe der tariflichen Regelungen Zielentgelte. Das Zielentgelt im Zeitraum Juni 2011 bis Mai 2012 belief sich auf 44.105 € (siehe Abrechnungen Bl. 519 - 528 d.A und 558 - 559 d.A.). Der Kläger erhielt in Anwendung der tariflichen Regelungen ab Juni 2011 ein monatliches Fixum in Höhe von 3.124,10 EUR sowie einen monatlichen Abschlag auf die variable Vergütung in Höhe von 254,53 EUR (Bl. 26 d.A.). Darüber hinaus zahlte die Beklagte im Monat Mai 2012 auf das Individual/Teamziel 170...

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