Leitsatz

Verneinter Anspruch eines Teileigentümers auf Umstellung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels nach Miteigentumsanteilen auf einen neuen Wohn- bzw. Nutzflächenschlüssel ungeachtet erheblicher Mehrbelastung gegenüber dem vereinbarten Anteilsschlüssel

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 2 Satz 3, 16 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Teileigentümer (Büroräume) hatte seine Einheit zu Wohnzwecken vermietet. Die gesamten Bewirtschaftungskosten wurden gemäß Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Während dieses Teileigentum des Klägers 17,5 % Miteigentumsanteile auswies, umfasste es nur etwa 9 % der Wohn- und etwas über 10 % der Nutzfläche. Die Mehrbelastung umzulegender Kosten lag bei ca. 94 %, wollte man auf Wohnfläche abstellen und bei ca. 70 % im Fall einer Nutzflächenanteilsberechnung.

    Nach Ablehnung des Änderungsanspruchs durch die Gemeinschaft bestätigte das Amtsgericht Nürnberg den Klageanspruch (Verurteilung der Beklagten auf Zustimmung zu Nutzflächenabrechnung), während das Landgericht Nürnberg-Fürth auf Berufung hin die Klage insgesamt abwies.

    Auf zugelassene Revision bestätigte der BGH das landgerichtliche Berufungsurteil.

  2. Als Voraussetzung für den Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG war von einer Überschreitung der Eingriffschwelle von 25 % als Nachteilswirkung für den Kläger sicher auszugehen. Zu berücksichtigen sind insoweit jedoch auch alle, für die Beibehaltung des vereinbarten Verteilungsschlüssels sprechenden Umstände, die bereits seit der Entstehung der Gemeinschaft zur Anwendung gelangten. Zu fragen war deshalb, ob diese Verteilung von Anfang an als verfehlt anzusehen sei. Gewerbeeinheiten sind nämlich grundsätzlich von höherem Wert als Wohneinheiten und können auch zu einem höheren Mietzins vermietet werden. Auch ist mit der Nutzung eines Sondereigentums zu gewerblichen Zwecken grundsätzlich eine intensivere Beanspruchung des gemeinschaftlichen Eigentums verbunden, was auch eine höhere Kostenbeteiligung rechtfertigen könne.

    Vorliegend wurde zwar das Teileigentum des Klägers zu Wohnzwecken genutzt, allerdings ohne Zustimmung der Eigentümer, die ihr Eigentum als Gewerbeeinheit erworben hatten.

    Was die Voraussetzungen des Individualanspruchs nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG betrifft, ist Zustimmung zu einer solchen Änderungsvereinbarung nur dann geboten, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Eine abändernde Vereinbarung ist jedoch nur insoweit erforderlich, als es um Kosten geht, für deren geänderte Umlage der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz fehlt (Instandhaltungskosten). Soweit die erstrebte Änderung des Verteilerschlüssels allein die Betriebskosten betrifft, ist – wie vom Kläger augenscheinlich gewollt – der ablehnende Beschluss anzufechten und eine Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG zu beantragen. Aber auch auf diesem Weg kann nur eine Änderung des Verteilerschlüssels unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gefordert werden (vgl. BGH, Urteil v. 15.1.2010, V ZR 114/09).

    Vorliegend fehlte ein schwerwiegender Grund, von dem nach § 16 Abs. 2 WEG vereinbarten Verteilungsschlüssel abzuweichen, und zwar ungeachtet der Schwellenwertüberschreitung gegenüber einer Verteilung der Kosten nach Wohn- oder Nutzfläche (vgl. auch BGH, Urteil v. 11.6.2010, V ZR 174/09, NJW 2010 S. 3296). Da die Mehrbelastung nicht als das alleinige Kriterium für die Beurteilung einer Unbilligkeit des Festhaltens am vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel anzusehen ist (verfestigte BGH-Rechtsprechung), waren die gesamten Umstände des Einzelfalls auch im vorliegenden Fall abzuwägen. Die Würdigung des Tatrichters (des Berufungsgerichts) hielt hier einer rechtlichen Prüfung anhand dieses Prüfungsmaßstabs stand. Bereits bei Erwerb des Teileigentums durch den Kläger und unter Berücksichtigung des Vertrauens der Beklagten auf den Bestand des geltenden Kostenverteilungsschlüssels war nicht davon auszugehen, dass die ursprünglich vereinbarte Regelung von Anfang an oder aufgrund zeitlich nach der Aufteilung in Wohnungseigentum eingetretener Umstände sich dieser Maßstab als verfehlt oder unzweckmäßig erwiesen habe (vgl. auch BayObLG, WuM 1997 S. 61, 62 sowie KG Berlin, NJW-RR 1991 S. 1169, 1170).

  3. Im Übrigen rechtfertigt sich der Klageanspruch auch nicht dadurch, dass der Kläger sein Teileigentum abweichend zu Vereinbarungen im Augenblick zu Wohnwecken nutzt. Entscheidend bleibt eine rechtlich zulässige Nutzung.
  4. Entscheidend sind auch Praktikabilitätsgründe sowie Verlässlichkeit einer vereinbarten Verteilung und die sich daraus ergebende Vorhersehbarkeit von Belastungen für Eigentümer (vgl. Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 155). Würde man Änderungsansprüche zur Kostenverteilung je nach tatsächlicher Nutzung der einzelnen Einheiten anerkennen, führte dies zu widersprechenden, wiederholten Änderungen des Verteilungsschlüssels, auf die ...

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