Der plattformgestützte E-Learning-Kurs des Projekts "Gute Kinderschutzverfahren" hat bereits erfolgreich drei Kohorten durchlaufen und ist seit Mitte Mai 2022 aufgrund der hohen Nachfrage in einen zusätzlich bereitgestellten Kursdurchlauf gestartet. Dabei gab es 830 Gesamtanmeldungen, wobei 232 Registrierungen von Familienrichterinnen und Familienrichtern erfolgten. Im Vergleich dazu erhielt der erste Kursdurchlauf 884 und der zweite Kursdurchlauf 1863 Gesamtregistrierungen. Mit Blick auf den ersten Kursdurchlauf haben 465 (= 52,6 %) der Teilnehmenden, wovon 82 (= 17,6 %) aus der Justiz/Rechtspflege stammten, die Kursbearbeitung erfolgreich absolviert. Die individuelle Bearbeitungszeit variierte stark; die Hälfte der Teilnehmenden gab aber eine Bearbeitungsdauer von 36–50 Stunden an.

Das zentrale Anliegen des Kurses ist das Zusammenführen und Vermitteln von fachübergreifendem und fundiertem Wissen aus folgenden Bereichen: Kinderschutzrechtliche Regelungen des Familienrechts, familiengerichtliches Kinderschutzverfahren, Kindesschutz nach dem Kinder- und Jugendhilferecht sowie (Kinder-) Psychosoziologie.[6] Das erste Modul des Basiscurriculums des E-Learning-Kurses beschäftigt sich mit rechtswissenschaftlichen Grundlagen, u.a. zu verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben, Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Kindeswohlgefährdung, zum Schutzauftrag des Jugendamtes sowie zur Schweigepflicht und zum Datenschutz. Das zweite Modul widmet sich der kindlichen Entwicklung und geht u.a. auf die Themen der Teilhabe, Belastung und Resilienz, auf die Erziehungspsychologie sowie auf die Gesprächsfähigkeit und -bereitschaft von Kindern und Jugendlichen ein. Die tatsachenwissenschaftlichen Grundlagen, u.a. zu verschiedenen Formen und Folgen einer Misshandlung, zur Erziehungsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern sowie zu wirksamen staatlichen Hilfe- und Schutzkonzepten, werden im dritten Modul behandelt. Zur Organisation und zum Ablauf von Kinderschutzverfahren, wie etwa zur Einleitung des Verfahrens, zum frühen Termin und zur Erörterung einer Kindeswohlgefährdung sowie zum Eilverfahren, informiert umfassend das vierte Modul. Das fünfte Modul rundet den Online-Kurs mit Informationen zu den einzelnen Professionen und deren Rollen und Aufgaben in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren sowie zu fallübergreifender Zusammenarbeit und Interdisziplinarität ab. Das Vereinen und Transportieren von interdisziplinärem Wissen sowie Aufzeigen der unterschiedlichen Anwendungen bzw. Arbeitsweisen und Aufgabenzuständigkeiten der jeweiligen Professionen in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren ist der zentrale Kern des Online-Kursprogramms und soll dazu beitragen, die eigene Rolle und Aufgabe, aber auch die der jeweils anderen Professionen, zu identifizieren und zu verstehen. Ein gutes Beispiel für die Relevanz interdisziplinären Wissens stellt die Kindesanhörung dar, welche im Rahmen der Reform wichtige Änderungen erfuhr und auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

[6] Fegert/Schumann/Kindler/Meysen/Hoffmann, JAmt 2020, 132, 133.

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