1. Ausgangslage

Die Entscheidung des BGH vom 20.9.2023 befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein in einem Unterhaltsverfahren abgegebenes Anerkenntnis widerrufen werden kann. Weitere Entscheidungspunkte sind die Bemessung des Kindesunterhalts bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Barunterhaltpflichtigen und die Abgrenzung von Regelbedarf zu Mehrbedarf.

2. Inhalt der Entscheidung

Die am 21.6.2011 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Die Antragstellerin, deren Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt sind, ist Schülerin und lebt in der Obhut der Kindesmutter. Letztere trägt für die gemeinsame Wohnung monatliche Ausgaben in Höhe von ca. 2.100 EUR. Der Antragsgegner hat hinsichtlich des Kindesunterhalts unbegrenzte Leistungsfähigkeit erklärt.

Die im Jahr 2010 geschlossene Ehe des Antragsgegners mit der Kindesmutter wurde im Februar 2014 rechtskräftig geschieden. Eine im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt eine bis zum 30.6.2019 befristete Regelung zum – mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten – Kindesunterhalt. Für die Zeit ab Juli 2019 verpflichtete sich der Antragsgegner durch notarielle Urkunde vom 8.11.2018 zur Zahlung von 160 % des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe und abzüglich des hälftigen Kindergelds.

Die Antragstellerin begehrt unter Abänderung der notariellen Urkunde ab dem 1.7.2019 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 4.500 EUR.

Der Antragsgegner hat zunächst Abweisung des über 272 % des Mindestunterhalts hinausgehen Antrags begehrt und ausgeführt, der Bedarf der Antragstellerin sei grundsätzlich mit dem Tabellenunterhalt von 272 % der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt. Ein etwaiger berechtigter Mehrbedarf für das Hobby Reiten sei nicht schlüssig dargelegt worden sei.

Weiter hat der Antragsgegner mit einem Widerantrag Rückzahlung des seit 1.7.2019 von ihm bezahlten, über 272 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehenden Betrag, hilfsweise den über den in diesem Verfahren rechtskräftig festgestellten Unterhalt hinausgehenden Betrag, begehrt. Zwei Monate später hat der Antragsgegner diese Anträge dahin abgeändert, dass Kindesunterhalt nur in Höhe eines Betrages von 200 % des Mindestunterhalts geschuldet werde und dieser Prozentsatz auch auf das Rückzahlungsbegehren zu beziehen sei.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. Juli 2019 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 2.259,49 EUR zu zahlen. Ferner hat das Amtsgericht die Antragstellerin verpflichtet, an ihn 6.095,94 EUR zu zahlen.

Mit ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner für die Zeit von Juli 2019 bis August 2021 zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 2.900,27 EUR und für die Zeit ab dem 1.9.2021 zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 3.134,42 EUR zu verpflichten, abzüglich der vom Antragsgegner für die Monate Juli 2019 bis Dezember 2021 geleisteten Zahlungen. Außerdem hat sie die Abweisung des Widerantrags beantragt. Der Antragsgegner hat mit seiner Beschwerde die in der ersten Instanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat es den Beschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert und den Antragsgegner dazu verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1.4.2022 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.808,37 EUR zu bezahlen. Auf den Widerantrag des Antragsgegners hat es die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner einen im Zeitraum vom 1.7.2019 bis einschließlich März 2022 überzahlten Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 18.076,54 EUR zurückzuzahlen. Im Übrigen hat es die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

3. Einordnung der Entscheidung

Der BGH hat in der Entscheidung vom 20.9.2023 – erneut – die Voraussetzungen für die Annahme eines Anerkenntnisses und die Möglichkeiten für einen Widerruf dargelegt.

Ferner hat der BGH hat in der Entscheidung unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung noch einmal betont, dass es sachgerecht ist, sich bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts für ein Kind an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientieren.

Zudem hat er die Voraussetzungen für die Anerkennung eines unterhaltsrechtlichen Mehrbedarfs in Abgrenzung zu einem erhöhten Regelbedarf herausgestellt. Schließlich hat er noch einmal die Art und Weise der anteiligen Haftung beider Elternteile für den Mehrbedarf konkretisiert.

4. Bedeutung der Entscheidung des BGH für die Praxis

a) Verfahrensrecht

4. Bedeutung der Entscheidung des BGH für die Praxis

aa) Anerkenntnis

Von einem Anerkenntnis in Sinne der § 113 Abs. 1 FamFG, § 307 ZPO ist auszu...

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