Tenor

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28.09.2001 aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.429,09 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie.

Die 59-jährige ledig Klägerin war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der AEG AG, seit dem 01.02.1987 als Referentin gegen eine Bruttojahresvergütung in Höhe von EUR 77.716,36 (DM 152.000,–) beschäftigt.

Mit Schreiben vom 20.09.2001 lud die Klägerin gemeinsam mit drei anderen Arbeitnehmerinnen zu einer Betriebsversammlung bei der Beklagten ein. Das Einladungsschreiben lautet u. a.:

„Einladung zu einer Betriebsversammlung gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG n.F

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

da in unserem Betrieb kein Betriebsrat besteht, wir aber die Einrichtung eines Betriebsrats für wichtig halten, haben wir uns entschlossen, eine Betriebsversammlung gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG (aktuelle Fassung) einzuladen.

Die Betriebsversammlung braucht nicht sehr lange zu dauern. Es ist lediglich wichtig, dass wir auf dieser Versammlung einen Wahlvorstand bestellen. Dies soll auch Tagesordnung der Betriebsversammlung sein.

Vorschläge für den Wahlvorstand werden wir auf der Betriebsversammlung selbst unterbreiten.

Um Betriebsablaufstörungen zu vermeiden, findet die Betriebsversammlung am 11.10.2001 um 10.00 Uhr im Gemeinschaftsraum, Erdgeschoss, statt. Wir bitten um zahlreiches Erscheinen.”

Das Schreiben ist von vier Arbeitnehmerinnen unterschrieben, deren Unterschriften in einer Zeile nebeneinander vermerkt sind. Die Klägerin steht von links an dritter Stelle. Wegen der Einzelheiten des Einladungsschreibens wird auf Bl. 10 d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.09.2001 erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zum 31.03.2002.

Die Klägerin behauptet, im Betrieb der Beklagten seien in der Regel mehr als 50 wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Sie ist der Ansicht, eine Wahl im vereinfachten Verfahren komme daher nicht in Betracht.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 28.09.2001 ausgesprochene Kündigung aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei als betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 und 3 KSchG. Wegen der in diesem Zusammenhang vorgetragenen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 13.03.2002, S. 6 – 16, Bl. 16 – 26 d. A., Bezug genommen.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, die Klägerin könne sich nicht auf den dreimonatigen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 a KSchG berufen. Das Einladungsschreiben genüge nicht den Voraussetzungen des § 14 a Abs. 2 BetrVG, da der Hinweis fehle, dass bis zum Ende der Wahlversammlung Wahlvorschläge zur Wahl des Betriebsrates gemacht werden können. § 125 Abs. 4 BetrVG bestimme, dass die Mitarbeiter des Unternehmens bereits bei der Einladung zur ersten Wahlversammlung darauf hingewiesen werden müssen, dass in einer ersten Wahlversammlung Wahlvorschläge gemacht werden können und müssen. Ohne diesen Hinweis bereits in der Einladung zur ersten Wahlversammlung bestehe die Gefahr, dass ordnungsgemäße Wahlvorschläge in der ersten Wahlversammlung nicht erstellt werden und damit lediglich die Einladenden dieser Wahlversammlung die Chance haben, für sich selbst einen ordnungsgemäßen Wahlvorschlag zu unterbreiten. Da § 125 Abs. 4 BetrVG der sachgerechten Ausgestaltung des auch für die Betriebsratswahl zwingenden Demokratieprinzips diene, löse nur eine formgültige Einladung zur Wahlversammlung den entsprechenden Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 a KSchG aus. Dies ergebe sich im übrigen auch aus der vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 26.02.1992 zu der parallelen Problematik des § 17 BetrVG a.F. festgestellten Entscheidung.

Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, die Berufung der Klägerin auf den Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 a KSchG stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar. Sie verweist darauf, dass sie – was zwischen den Parteien unstreitig ist – mit der Klägerin im Herbst 2001 auf Grund anstehender Veränderungen im Unternehmen über mehrere Wochen verteilt intensive Gespräche wegen des Wegfalls ihres Arbeitsplatzes hinsichtlich einer gütlichen betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätte. Am 11.09.2001 habe der Personalleiter der Beklagten das vierte Gespräch mit der Klägerin über Ausscheidemodalitäten geführt. In diesen Gesprächen seien mit der Klägerin die Beendigungsmodelle besprochen worden, die sich auf Grund der individuellen Zusage der Leistungen aus dem ehemaligen Sozialplan der AEG AG einerseits ergeben und andererseits der Möglichkei...

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