Rz. 1007

Der Gläubiger muss dem Realsplitting auf Verlangen des Schuldners schriftlich zustimmen, im Regelfall[1152] durch Unterzeichnung der Anlage U.[1153] Das ist möglich bei Einkommensteuererklärung, Lohnsteuerjahresausgleich und Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. Ob die vom Schuldner geltend gemachten Zahlungen seine Steuerschuld tatsächlich ermäßigen werden, ist ohne Bedeutung.[1154] Wenn Streit über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts besteht, muss die Zustimmung jedenfalls in Höhe des Betrages erklärt werden, der nach Ansicht des Schuldners zu zahlen ist.[1155]

 

Rz. 1008

Die einmal gegebene Zustimmung gilt bis auf Widerruf weiter. Wenn sich am Unterhalt nichts geändert hat, muss die Anlage U also nicht jährlich neu unterzeichnet werden. Der Gläubiger kann die Zustimmung bis zum Ende eines Jahres für das Folgejahr gegenüber dem Finanzamt widerrufen, § 10 Abs. 1a Nr. 1 S. 4 EStG.

 

Rz. 1009

Der Gläubiger muss nur zustimmen, wenn der Schuldner zuvor zusichert, dass er die als Folge des Realsplittings eintretenden Steuernachteile des Gläubigers (auf Nachweis) ersetzen wird.[1156] Wenn der Gläubiger damit rechnet, dass sich weitere Nachteile ergeben können, muss er den Schuldner hierauf präzise hinweisen[1157] und kann seine Zustimmung davon abhängig machen, dass auch diese weiteren Nachteile ersetzt werden.

 

Rz. 1010

Im Regelfall muss sich der Gläubiger mit der Zusicherung des Schuldners begnügen, Nachteile würden ersetzt. Nur ausnahmsweise kann er eine Sicherheitsleistung verlangen, z.B. bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners, ferner auch, wenn der Schuldner in der Vergangenheit beim Nachteilsausgleich Probleme gemacht hat.

Der Gläubiger kann nicht verlangen, an den Steuervorteilen des Schuldners unmittelbar beteiligt zu werden. Er hat von dem Realsplitting allerdings dennoch Vorteile, weil die Steuerbelastung des Schuldners geringer wird, er deshalb ein höheres Nettoeinkommen hat und als Folge hiervon höherer Unterhalt zu zahlen ist.[1158]

 

Rz. 1011

Verweigert der Gläubiger die Zustimmung, so kann der Schuldner vor dem Familiengericht[1159] einen Antrag auf Zustimmung stellen. Er kann jedoch auch stattdessen Schadenersatz in Höhe des entgangenen Steuervorteils (abzüglich des ggf. fiktiv zu leistenden Nachteilsausgleichs und des zu zahlenden Unterhaltsmehrbetrags) vor dem Familiengericht geltend machen.

[1152] Weil die Anlage U nicht zwingend erforderlich ist, kann ihre Unterzeichnung allerdings nicht unbedingt verlangt werden, sondern nur die schriftliche Zustimmung zum Realsplitting, BGH FamRZ 1998, 953.
[1153] Ein beim Finanzamt erhältliches oder im Internet z.B. unter www.formulare-bfinv.de/ffw/action/invoke.do?id=034047_14 herunterzuladendes Formular. Ebenfalls zu finden auf der beigefügten CD-ROM.
[1155] BGH FamRZ 2007, 793 Rn 39 ff.; 2007, 882 Rn 27 ff.
[1156] BGH FamRZ 2010, 869, 872. Nach BGH FamRZ 1985, 1232 besteht der Ausgleichsanspruch sogar unabhängig davon, ob diese Zusicherung erfolgt ist.
[1157] Weil der Schuldner das häufig nicht weiß und er nur in Kenntnis möglicher Nachteile kalkulieren kann, ob das Realsplitting wirtschaftlich sinnvoll ist, BGH FamRZ 1983, 576; 1992, 534; OLG Köln FamRZ 1999, 31; OLG Koblenz FamRZ 2015, 260.
[1158] BGH FamRZ 1984, 1211; 1985, 1232.
[1159] § 266 Abs. 1 Nr. 2 und 3 FamFG. Ist bereits eine Ehesache anhängig, bevor der Unterhaltsantrag gestellt wird, so ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, bei dem die Ehesache in erster Instanz anhängig ist oder war, § 267 Abs. 1 FamFG. Ist zunächst der Unterhaltsantrag anhängig und wird danach eine Ehesache mit Zustellung rechtshängig, ist das Unterhaltsverfahren gemäß § 268 FamFG an das Familiengericht abzugeben, bei dem die Ehesache läuft.

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