Rz. 713

Grundsätzlich rückt der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in sämtliche – auch steuerliche – Rechtspositionen des Erblassers ein. Bezogen auf Spekulationsgeschäfte i.S.v. § 23 EStG bedeutet dies, dass es für die Berechnung der Spekulationsfrist allein auf den Zeitpunkt des Erwerbs durch den Erblasser, nicht aber auf den Erbfall ankommt. Der Erwerb durch Erbanfall ist kein Anschaffungsvorgang i.S.v. § 23 EStG.[1111]

 

Rz. 714

Erwirbt aber ein Miterbe entgeltlich den Erbteil eines anderen Miterben, entstehen ihm insoweit Anschaffungskosten für die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände, z.B. für ein zum Nachlass gehörendes Grundstück. Diese führen dazu, dass der Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücks nach § 23 EStG steuerbar ist, wenn es innerhalb der Spekulationsfrist von nicht mehr als zehn Jahren seit dem Erwerb des Erbteils veräußert wird.[1112]

 

Rz. 715

Insoweit ist es nach Ansicht des BFH unbeachtlich, dass durch den Erbteilskäufer zivilrechtlich keine Anteile an den einzelnen Nachlassgegenständen, sondern der Anteil am Nachlass (als solcher) erworben wird. Welche Vorgänge als "Anschaffung" angesehen werden müssten, sei wirtschaftlich zu verstehen. Deshalb liege kein Widerspruch darin, dem Erwerber eines Erbteils Anschaffungskosten für die dadurch miterworbenen Anteile an den Wirtschaftsgütern der Erbengemeinschaft zuzurechnen.

 

Rz. 716

Für die Erbauseinandersetzung gelten dieselben Grundsätze wie beim Betriebsvermögen.[1113] Somit sind auch hier entgeltliche Vorgänge möglich, die dementsprechend eine Versteuerung nach § 23 EStG auslösen.[1114]

[1111] Schmidt/Weber-Grellet, EStG, § 23 Rn 42; BFH BStBl II 1990, 837 m.w.N.
[1114] Schmidt/Weber-Grellet, EStG, § 23 Rn 43.

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