1. Ziele

 

Rz. 121

Zentrales Ziel des Aktenaufbaus muss es sein, den Anwalt in jeder Phase des Verfahrens, insbesondere jedoch bei den Verhandlungen vor Gericht, in die Lage zu versetzen, sich ein umfassendes Bild von dem bei Gericht vorgetragenen Streitstoff zu verschaffen. Daneben soll sich der Anwalt jederzeit über den Stand der Angelegenheit auch im Hinblick auf die mit dem Mandanten und anderen Personen, z.B. dem Prozessgegner, getroffenen Absprachen informieren können. Letztlich muss die Akte auch die technischen Abläufe im Hinblick auf das Mandat widerspiegeln, d.h. eventuelle Zahlungseingänge, Fristen und Termin müssen in ihr notiert werden.

2. Mehrere Aufbauvarianten

 

Rz. 122

Es gibt nicht nur einen denkbaren Aktenaufbau. Möglich sind vielmehr unterschiedliche Modelle. Wenn im Folgenden ein spezieller Aktenaufbau geschildert wird, muss dieser nicht dem entsprechen, den der Leser oder die Leserin in der Kanzlei vorfindet, in der sie oder er arbeitet. Dies bedeutet nicht, dass die dort vorgefundene Variante die schlechtere ist. Jede Kanzlei bedingt eben ihre eigene Struktur der Arbeitsabläufe.

 

Rz. 123

Wohl am weitesten verbreitet und sinnvoll ist die Aufteilung der Akte in einen Gerichts-, einen Korrespondenz- und einen Vollstreckungsteil. Für diesen Aktenaufbau werden im Fachhandel spezielle Aktenhefter mit Doppelheftung angeboten. In einer E-Akte lassen sich entsprechende Unterordner anlegen. In Unfallsachen finden sich oft auch Teilakten bezüglich der Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer bzw. Teilakten hinsichtlich eines Bußgeld- oder Ermittlungsverfahrens usw. Bewährt hat sich auch eine Teilakte bezüglich der Gebühren, insbesondere, wenn es sich um langwierige und umfangreiche Verfahren handelt, die bereits in mehreren Ordnern geführt werden. Die Abrechnung ist wesentlich einfacher, wenn alle die Abrechnung betreffenden Schriftstücke dort abgeheftet sind. Der Vorteil von Teilakten liegt darin, dass ein schnelleres Finden und Zuordnen möglich ist. Akten sind das Herzstück der Kanzlei. Schlecht geführte Akten führen zu Fehlern, die massive Auswirkungen haben können. Daher ist es unbedingt erforderlich, dass Akten chronologisch, ordentlich und zeitnah geführt werden. Die rechtzeitige Ablage von Schriftstücken in den Akten ist eine wichtige Aufgabe der Kanzleimitarbeiter. In manchen Kanzleien quellen die Ablagekörbe mit "alter Post" und "alten Telefonnotizen" förmlich über, weil sich niemand zuständig fühlt, die Ablage zu erledigen. Das Resultat sind oft lange Suchzeiten bzw. unnötige und doppelte Arbeitsschritte, da der Verfahrensstand nicht aus der Akte ersichtlich wird.

 

Rz. 124

Zur Aktenpflege gehört auch, dass "Küchenstempel" (Kaffee- und Butterflecken, etc.) vermieden werden. Man stelle sich nur vor, was man selbst sich als Mandant denken würde, wenn der Anwalt einen in das Besprechungszimmer bitten und man vor ihm die eigene Akte auf dem Tisch liegen sehen würde: Eingerissener Aktendeckel, notdürftig und lieblos mit Tesafilm repariert, bei der Aktenbeschriftung Fehler gemacht, die durchgestrichen und mit Kugelschreiber schlampig korrigiert wurden und mitten darauf der Kranz einer Kaffeetasse. Von sichtbaren Fingerabdrücken ganz zu schweigen (die Mitarbeiterin hatte sich vor dem Ziehen der Akte aus dem Schrank noch schnell die Hände eingecremt). Der Mandant weiß noch gar nicht, wie der Anwalt arbeitet, sein Eindruck von der Arbeit in der Kanzlei würde aber sicher kein positiver sein.

a) Gerichtsteil

 

Rz. 125

Der Gerichtsteil einer Akte bildet das Spiegelbild der Akte, die das Gericht über das Verfahren führt. In ihn werden sämtliche Schriftstücke eingeheftet, die das gerichtliche Verfahren betreffen.

 

Rz. 126

Es sind dies z.B.:

 

Rz. 127

Im Zivil- und Arbeitsrechtsverfahren:

der Mahnantrag,
die Mitteilungen über die Zustellung des Mahnantrages und den Eingang eines Wider- oder Einspruchs,
der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides,
die Klageschrift und die Klageerwiderung mit sämtlichen Anlagen,
sämtliche bis zum Erlass des Urteils gewechselten Schriftsätze der eigenen Kanzlei und des Gegners,
sämtliche gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Mitteilungen,
das ein Verfahren abschließende Dokument, also das Urteil oder der Vergleich, gegebenenfalls in Kopie,
Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsanträge.
 

Rz. 128

Im Verwaltungsverfahren:

die Klageschrift und -erwiderung,
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung,
sämtliche anderen bei Gericht gewechselten Schriftsätze,
gerichtliche Mitteilungen, Ladungen, Beschlüsse,
das Urteil,
Kostenfestsetzungs- und Kostenausgleichsanträge.
 

Rz. 129

Im strafrechtlichen Verfahren:

alle für den Mandanten abgegebenen Einlassungen und Erklärungen,
Mitteilungen der Staatsanwaltschaft,
Einstellungsbescheide,
eine Anklage, ein Strafbefehl,
gerichtliche Ladungen und sonstige gerichtliche Mitteilungen,
das Urteil,
Kostenfestsetzungsanträge und deren Bescheidung.
 

Rz. 130

Nicht in den Gerichtsteil gehören:

Anschreiben an die eigene Partei ("Anbei übersende ich Ihnen eine Abschrift me...

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