Personalentwicklung: Boni können die Lernfähigkeit reduzieren

Wer gierig ist, lernt weniger leicht aus seinen Fehlern. Das haben die Autoren einer Studie an der Uni Würzburg festgestellt. Warum das so ist und warum Anreize wie hohe Manager-Boni den Effekt noch verstärken könnten, haben die Neuro-Wissenschaftler ebenfalls untersucht.

Wer die Lernfähigkeit seiner Mitarbeiter einschätzen möchte, sollte möglicherweise einen Blick auf deren Verhalten in Risikosituationen werfen: Denn laut einer Studie der Universität Würzburg sind gierige Menschen risikofreudiger als andere und lernen seltener aus ihren Fehlern als ihre weniger gierigen Kollegen. Das fanden die fränkischen Neuro-Wissenschaftler unter Leitung von Johannes Hewig heraus.

Ihre Forschungen hatten die Wissenschaftler nach der Wirtschaftskrise Ende der Nuller-Jahre, als die Gier in der Finanzbranche im Interesse der Öffentlichkeit stand, begonnen. Dazu stellten sie anhand einer präzisen Definition des Begriffs "Gier" einen Fragebogen zusammen, in dem die Probanden Aussagen in verschiedenen Ausprägungen zustimmen oder nicht zustimmen konnten. Laut der "Gier"-Definition der Wissenschaftler zeichnet sich eine gierige Person durch die Bereitschaft aus, dass ihr Streben nach mehr auf Kosten von anderen geht.

Wissenschaftler sagen Risikoneigung voraus

Für ihre Studie führten die Wissenschaftler zunächst ein Experiment mit 20 Studenten der Wirtschaftswissenschaften durch. Im Labor wurden diese mit dem so genannten "Balloon-Analogue-Risk-Task" konfrontiert. Bei dieser Aufgabe mussten die Versuchsteilnehmer einen virtuellen Luftballon, der auf einem Bildschirm dargestellt wurde, möglichst weit aufpumpen.

Je praller ihr Ballon am Ende war, desto größer waren ihre Chancen auf den Gewinn. Platzte ihr Ballon jedoch, verloren sie alles. Der Student mit dem größten Gewinn bekam am Ende des Experiments eine reale finanzielle Entlohnung als Preis.

Danach beantworteten die Probanden den zuvor konzipierten Fragebogen zur Erfassung von Gier. "Wie erwartet zeigte sich, dass Personen, die besonders gierig waren, den Ballon häufiger aufpumpten als Personen mit niedrigeren Werten auf Gier", sagt Psychologe Patrick Mussel. Die Risikoneigung der Probanden konnten die Wissenschaftler also anhand des Persönlichkeitsmerkmals der Gier vorhersagen.

Gierige hatten bei Scheitern und Erfolg die gleiche Hirnaktivität

Während der Laboraufgabe verfolgten die Wissenschaftler zusätzlich per Elektroenzephalogramm (EEG) die neuronalen Prozesse der Probanden. Dort stellten sie zunächst eine typische Reaktion fest: Etwa 280 Millisekunden nach der Rückmeldung, ob der Ballon geplatzt war oder nicht, zeigte sich eine Komponente im EEG, die als "feedbackbezogene Negativierung" bezeichnet wird. Diese zeigt an, ob ein Ereignis besser oder schlechter war als erwartet. Diese Rückmeldung ermöglicht es Menschen, aus Fehlern zu lernen und ihr Verhalten künftig anzupassen.
Die Forscher beobachteten dabei, dass bei Personen mit hohen Werten im Gier-Test die Reaktion auf den Feedbackstimulus verschwand: Sie zeigten durchgängig nahezu die gleiche Hirnaktivität – egal, ob der Ballon platzte oder nicht.

Die Studienautoren vermuten, dass gierige Menschen daher Schwierigkeiten haben könnten, aus Fehlern zu lernen und ihr Verhalten zu ändern.

Ignorieren gierige Menschen Warnsignale aus der Umwelt?

Zudem stellten die Forscher fest, dass die Risikofreude der gierigen Teilnehmer besonders hoch war, wenn diese sich zuvor mit der Biografie einer gierigen Person beschäftigt hatten. Im Unternehmensalltag könnte dieser Mechanismus etwa durch einen hohen Bonus aktiviert werden, vermuten die Wissenschaftler.

Das riskante Verhalten gieriger Personen, so der Erklärungsansatz der Wissenschaftler, könnte daher kommen, dass diese negative Reize oder Warnsignale aus ihrer Umwelt ignorieren. Dies könnte auch das Auftreten und Platzen von Spekulationsblasen erklären: Sie entstehen dadurch, dass Investoren in einer Zeit steigender Kurse ihre Anteile zu lange halten und Indizien, die auf einen Umschwung hinweisen, ignorieren.

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