Instant Feedback: Apps erfolgreich einführen und nutzen

App-basierte Feedback-Systeme geben Aufschluss darüber, was ein Meeting gebracht hat oder wie Mitarbeiter über ein neues Projekt denken. Der Vorteil gegenüber klassischen Feedback-Instrumenten wie Mitarbeitergespräch oder ‑befragung: Es geht alles viel schneller, direkter, spontaner. Doch die Apps sind keine Selbstläufer, sie müssen "gepusht" werden.

Ein Pistolenschuss, Ratten stürzen aus der Lüftung, ein Martial Fighter lässt die Peitsche knallen – nichts für schwache Nerven. Wer dennoch seinen Puls unter 100 Schläge pro Minute hielt, konnte vor einigen Jahren in einer Swisscom-Werbeaktion ein Smartphone mit Herzfrequenzmesser gewinnen. Der führende Schweizer Telekommunikationsanbieter ist dem Thema treu geblieben. Heute, ein paar Smartphone-Generationen weiter, nutzt er das App-basierte Instant-Feedback-System „Pulse“ des Schweizer Internetunternehmens Creaholic, um den Puls der Mitarbeiter zu fühlen: Was denken sie über neue Projekte? Fühlen sie sich wohl? Wie bewerten sie die Leistung von Kollegen und Vorgesetzten?

Was bringen Instant-Feedback-Systeme?

Instant-Feedback-Systeme sind die Schnellboote unter den Instrumenten, mit denen Unternehmen Meinungen, Anregungen und Kritik zur Situation am Arbeitsplatz erheben ( siehe auch "Entscheidende Momente besser verstehen in Personalmagazin 7/2018). Regelmäßiges Live-Feedback ergänzt – oder ersetzt sogar – Mitarbeiterbefragungen und Jahresgespräche. So sollen die Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum erhalten, zum Nutzen des Unternehmens und der eigenen Karriere. Die Echtzeit-Feedbacks werden im Team diskutiert und umgesetzt; die Führungskraft beschränkt sich auf die Rolle des Mediators. Aber kann die – flüchtige – Momentaufnahme wirklich die Situation im Unternehmen widerspiegeln und Veränderungen anstoßen?

Zwei Tools, ein Ziel: Das langwierige Feedback-System ablösen

„Unser Ziel ist es, die Feedbackkultur zu stärken, weil wir davon überzeugt sind, dass ein schnelles, gezieltes Feedback wesentlich ist, um zu lernen und sich weiterzuentwickeln, als Person, aber auch als Unternehmen“, sagt Philippe Nicod, verantwortlich für Collaboration & People Analytics bei Swisscom. Dazu setzt das Unternehmen gleich zwei Instant-Feedback-Systeme ein: Neben „Pulse“ gibt es „My Impact“, ein Tool, das das frühere Feedbacksystem „My Performance“ ablöste, nachdem Arbeitnehmervertretungen wie Transfair die Handhabung und Datensicherheit kritisiert hatten. Im Abstand von vier Monaten beantwortet die Belegschaft sieben Fragen zu Arbeitsbedingungen, Arbeitsinhalt, Entwicklungsmöglichkeiten, Zusammenarbeit, Führung, Kommunikation auf einer Skala von eins bis zehn. Zwei offene Fragen laden zu individuellem Feedback ein.

„Beide Instrumente stützen sofortige Feedbacks, die allen Kollegen im jeweiligen Arbeitsumfeld transparent sind, um Lerneffekte zu erzielen“, sagt Nicod. Die mehrmals jährlich ausgerollte Kurzumfrage „Pulse“ bilde die Rahmenbedingungen ab, zeige also, ob das Arbeitsumfeld stimme. „My Impact“ sei mehr auf den Einzelnen zugeschnitten. Die Mitarbeiter legen fest, was sie zu den Teamzielen beitragen wollen, und fragen dann Kollegen, Vorgesetzte und andere Stakeholder, ob sie einen guten Job gemacht haben.

Pulse wurde entwickelt, um die klassische Mitarbeiterumfrage abzulösen, die wir früher alle zwei Jahre durchgeführt haben. Wir hatten keine nennenswerten technischen Probleme und können steigende Nutzerzahlen aufweisen."
Philippe Nicod, Collaboration & People Analytics, Swisscom AG

„My Impact ersetzt Zielvereinbarung und das Qualifikationsgespräch, die klassisch jeweils nur einmal jährlich stattfanden“, sagt Nicod. „Weil das Feedback zeitnah zur Leistung eingeholt wird, können Mitarbeitende ständig ihre Stärken weiter verbessern und Fehler sofort korrigieren – man muss nicht mehr ein Jahr warten.“ Kaum technische Probleme und steigende Nutzerzahlen – dieses Fazit zieht Nicod für beide Tools. Der Gewinn des St. Galler Leadership Award 2017 mit „Pulse“ bestätigt das Engagement von Swisscom.

Ein Badge als Dankeschön und Feedback vom Kollegen

Branchennachbar Deutsche Telekom sammelt mit dem Feedback-System „Badges“ gute Erfahrungen. Die Mitarbeiter verteilen mit wenigen Mausklicks einen von acht Badges, zum Beispiel für „Gute Kooperation“ oder „Inspirierende Innovation“. Wer etwa an einer interessanten Präsentation teilgenommen hat, kann sich so bedanken. CEO Tim Höttges machte es vor: Jeder der knapp 220 000 Mitarbeiter erhielt ein Badge von ihm.

Digitale Formate sollen das persönliche Gespräch und Feedback nicht ersetzen. Sie bieten aber vor allem bei globalen und virtuellen Teams eine schöne Möglichkeit, Feedback zu geben."
Elke Anderl, Vice President HRD Performance Management, Deutsche Telekom AG, Bonn

Für uns gilt: Feedback ist ein Geschenk“, sagt Elke Anderl, die das Thema bei der Deutschen Telekom verantwortet. „Deshalb bieten wir im Konzern unterschiedliche Formate an, um digital Feedback geben zu können, und zwar möglichst spontan und schnell.“ So gibt es neben den „Badges“ eine „Instant Feedback App“, die zusätzliche Rückmeldung ermöglicht. „Wichtig ist uns natürlich auch weiterhin das persönliche Feedback. Digitale Formate sollen das persönliche Gespräch und Feedback schließlich nicht ersetzen.“

Mitarbeiter beschäftigen sich mit den Themen Feedback und Wertschätzung

Die Reaktionen der Beschäftigten fallen unterschiedlich aus, „von sehr positiv bis zu sehr kritisch“, wie Anderl es ausdrückt. „Das ist für uns bereits der erste Erfolg: Wir haben erreicht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich mit dem Thema Feedback und Wertschätzung beschäftigen. Der Start der ‚Badges‘ liegt erst ein paar Wochen zurück, daher ist es schwer, ein belastbares Fazit zu ziehen oder abzuschätzen, ob beziehungsweise wie die Badges sich auf andere Formen des Feedbacks auswirken.“ Bislang sei das Interesse der Beschäftigten groß und konstant. „Grundsätzlich gelten zwei Dinge. Erstens: Das Thema Feedback braucht immer wieder Erinnerungen und Impulse. Und zweitens: Je einfacher es ist, einen Badge zu vergeben, desto höher ist die Nutzung.“

Wir werden weiter mit Quiply arbeiten und haben bereits Ideen, wie die Plattform von der reinen Mitarbeiter-App zum Austausch mit weiteren Anspruchsgruppen genutzt werden könnte."
Tobias Diener, Direktor, Zollinger Stiftung, Forch/Schweiz

In virtuellen und räumlich verteilten Teams sind Instant-Feedback-Systeme besonders effektiv. Die Zollinger Stiftung, ein Schweizer Anbieter von Pflegedienstleistungen und Betreiber eines Pflegezentrums in Forch im Kanton Zürich, hat Anfang 2018 „Quiply“ eingeführt, eine App des Kölner Start-up Quiply Technologies. „Da wir ein räumlich dezentral organisierter 24-Stunden-Betrieb sind, schien dies die ideale Plattform zur Mitarbeiterkommunikation“, sagt Tobias Diener, Direktor der Zollinger Stiftung. „Die Nutzungsintensität hat kontinuierlich zugenommen, heute wird die Plattform von über 80 Prozent der circa 250 Mitarbeitenden täglich genutzt und hat dadurch die Zusammenarbeit und die Kommunikation im Unternehmen verbessert. Die Akzeptanz ist in der gesamten Organisation sehr hoch.“

Rückmeldung nah an der Arbeitsrealität erhöht die Akzeptanz

Zur Akzeptanz trägt bei, wenn die Beschäftigten möglichst konkret, das heißt nah an ihrer Tätigkeit, um Rückmeldung gebeten werden. „Dabei sollten die Themen nicht nur HR-spezifisch sein“, sagt Antje Haberkorn, Personalgeschäftsführerin der Unternehmensgruppe Dr. Eckert, die unter verschiedenen Marken mehr als 200 Einzelhandelsgeschäfte bundesweit betreibt. „So setzten wir die Tools auf Großveranstaltungen ein, um ein Echtzeit-Feedback zu erhalten, gleichzeitig aber auch die Mitarbeiter in den Filialen zu ihrer Meinung bei Produktveränderungen und Umstellung der Sortimente zu befragen.“

Unsere Mitarbeiter sollten mit Instant Feedback und Pulsbefragungen in Echtzeit an Entscheidungen teilhaben können, sich zeitnah von Kollegen Feedback einholen können, um somit vielfältigste Themen weiterzuentwickeln."
Antje Haberkorn, Geschäftsführerin Personal, Unternehmensgruppe Dr. Eckert GmbH

Das Unternehmen stellte das neue Tool auf einer großen Mitarbeiterversammlung vor. „Bereits während der Veranstaltung konnten die Mitarbeiter Feedback über die Smartphones geben, und die Ergebnisse wurden in Echtzeit präsentiert“, berichtet Haberkorn. Das spielerische Heranführen habe sich bewährt: „Unser Ziel ist es, die Startbeteiligung zu verdoppeln. Diese Aufgabe und damit die Akzeptanz der agilen Feedbackformen wird das Unternehmen auch in den nächsten Jahren beschäftigen. Feedback-Kultur zu etablieren, ist ein langwieriger Prozess, bei dem wir noch ganz am Anfang stehen.“

Feedback in Bewegung: technische Plattformen entwickeln sich stetig weiter

Prozess bedeutet, dass die technische Plattform stetig fortentwickelt wird. Der Handelskonzern Otto Group hat dies umgesetzt, indem er ein Feedback-System „Marke Eigenbau“ einführte. Das Tool „Feedback im Dialog“ komme sehr gut bei den Mitarbeitern an, sagt Stefanie Hirte, verantwortlich für Personalentwicklung und Personalmarketing, weil es „Transparenz schafft und gut für die eigene Weiterentwicklung genutzt werden kann. Wir haben vor kurzem ein weiteres Modul hinzugefügt: Nun können sich auch Kollegen, Product Owner oder Projektleiter ohne disziplinarische Führung gegenseitig Feedback geben, was besonders wichtig für die Zusammenarbeit in Projekten ist.“

Wir haben vor rund zwei Jahren ein eigens entwickeltes Feedback-System eingeführt, um einen regelmäßigen, offenen und fairen Austausch auf Augenhöhe zu fördern. Damit lösten wir das klassische Jahresgespräch ab."
Stefanie Hirte, Bereichsleiterin Personalentwicklung und Personalmarketing, Otto Group

Das klassische Jahresgespräch ist Vergangenheit in der Otto Group. „Ein weiterer Bestandteil dieser nachhaltigen Kulturveränderung in unserem Führungsverständnis ist das Führungsfeedback“, sagt Hirte. „Dieses Instrument nutzen wir zur Beurteilung von Führungskräften in Bezug auf ihre Führungsleistung. Einmal pro Jahr wird jede Führungskraft von ihrem Team bewertet und erhält so individuelle Rückmeldungen.“ Genau wie das Mitarbeiterfeedback enthält das Führungsfeedback eine verpflichtende Selbsteinschätzung – so solle der Dialog auf Augenhöhe fortgeführt werden.


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